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Interview mit Politologin Diese Baustellen warten auf das neue FDP-Duo

Die FDP ist nach dem angekündigten Rücktritt von Thierry Burkart auf der Suche nach einem neuen Präsidium. Nun liegt der FDP die gemeinsame Bewerbung von Benjamin Mühlemann und Susanne Vincenz-Stauffacher vor. Politologin Cloé Jans beantwortet die wichtigsten Fragen zur designierten neuen FDP-Spitze.

Cloé Jans

Politologin

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Cloé Jans ist Politikwissenschaftlerin beim Forschungsinstitut GfS in Bern, wo sie das operative Geschäft leitet. Ihre Fachgebiete sind unter anderem Gesellschafts- und Jugendforschung, das Gesundheitswesen und Meinungsbildung in der Schweiz.

SRF News: Die Freisinnigen werden aller Voraussicht nach künftig erstmals von einem Duo geführt. Wie beurteilen Sie das?

Cloé Jans: Das ist an sich ein Aufbruch in eine neue Ära. Das kennt man bislang nicht. Es ist vielleicht ein Zeichen, dass man neue Wege aus einer schwierigen Lage hinaus sucht. Man möchte wohl integrativ sein und die verschiedenen Positionen und Prioritäten in der Partei unter einen Hut bringen und auch den verschiedenen Stimmen eine Heimat bieten. Die zwei Figuren symbolisieren das Spektrum der Partei nicht schlecht.

Bei einem wichtigen Dossier, Europa/Bilaterale III, ist die FDP gespalten und Vincenz-Stauffacher und Mühlemann nehmen verschiedene Positionen ein. Wird das die grösste Herausforderung fürs nächste Präsidium?

Unmittelbar auf jeden Fall. Da müssen sie schnell einen Weg finden, um auch der Basis zu zeigen, in welche Richtung es gehen soll. Eine gemeinsame Linie muss gefunden werden. Auch längerfristig wird es aber Herausforderungen geben. Die FDP müsste wieder einmal Wahlen gewinnen und auch den zweiten Bundesratssitz halten. Das wird eher schlaflose Nächte bereiten als das Europa-Dossier.

Daher muss man sich damit auseinandersetzen, was es eigentlich heisst, liberal in einer modernen Welt zu sein.

Man hat das Gefühl, die FDP ist auf konstanter Identitätssuche. Wofür steht die FDP im Moment?

Der Ursprung der FDP ist der Freisinn. Die Frage von Freiheit und Selbstentfaltung ist heutzutage unumstritten. Keine Partei ist gegen Freiheit. Daher muss man sich damit auseinandersetzen, was es eigentlich heisst, liberal in einer modernen Welt zu sein. Das ist eine schwierige Herausforderung für eine Partei, die von staatstragenden alt-Freisinnigen, libertären Jungen, gesellschaftsliberale Frauen bis zu Rechtskonservativen, wie es Thierry Burkart eher war, alles unter sich vereint. Da ist eine Präsidiumswahl immer eine Richtungswahl und das ist jetzt eine zentrale Herausforderung für das Duo an der Spitze.

Susanne Vincenz-Stauffacher und Benjamin Mühlemann posieren lächelnd für ein Foto.
Legende: Susanne Vincenz-Stauffacher und Benjamin Mühlemann würden das erste Co-Präsidium in der Geschichte der FDP werden. Keystone / Gian Ehrenzeller

In zwei Jahren wird gewählt, der zweite FDP-Bundesratssitz ist massiv gefährdet, sollte die Mitte weiter zulegen. Kann eine neue Dynamik an der Spitze der Partei vielleicht auch helfen?

Die FDP leidet an einem Wählerverlust, da man sich zuletzt nicht erneuern konnte. Da kann ein Präsidiumswechsel helfen. Das haben wir bei der Mitte gesehen. Gerhard Pfister hat seiner Partei einen Rebrand verordnet und eine Fusion durchgeführt. Da kann man aus der Parteispitze heraus viel erreichen. Aber auch der Kontakt mit der Basis ist wichtig. Das wird eine grosse Aufgabe.

Reicht dafür die Zeit bis zu den nächsten Wahlen?

Es ist eine kurze Zeit bis zu den nächsten Wahlen. Jetzt muss man schnell und steil einsteigen. Nicht nur auf der inhaltlichen Ebene, sondern auch wie man die Leute mobilisiert und mit der Basis kommuniziert. Das machen die linken Parteien, insbesondere die SP, traditionell besser. Da muss die FDP aufholen.

Das Gespräch führte Urs Gredig.

10vor10, 20.08.2025, 21:50 Uhr ; 

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