Drüsiges Springkraut, Quagga-Muschel oder Asiatische Tigermücke: Diese Pflanzen- und Tierarten erscheinen regelmässig in den Schlagzeilen. Sie sind Neophyten und Neozoen – Arten, die in der Schweiz eigentlich nicht heimisch sind, hier aber vorkommen, weil sie eingeschleppt wurden.
Auch die Rotwangen-Schmuckschildkröte ist kein einheimisches Tier. Die aus Nordamerika stammenden Schildkröten wurden in der Schweiz gerne als exotische Haustiere gehalten. Die kleinen Tiere wuchsen zu 30 Zentimeter grossen Exemplaren heran, brauchten zu viel Platz und wurden ausgesetzt. Neuerdings vermehren sie sich auch in freier Wildbahn – begünstigt durch die Klimaerwärmung. Die Haltung ist nicht nur in der Schweiz verboten.
Das Problem: Die Schildkröten sind gefrässig. Sie fressen den Laich einheimischer Amphibien und Insektenlarven und gefährden seltene Arten. Der Bund unterstützt die Bekämpfung der Rotwangenschildkröte. Tiere werden eingefangen, Eier aus den Nestern entfernt.
Ein schwieriger Geruch
Hier kommt der dreijährige Nova Scotia Retriever Kjell ins Spiel. Zusammen mit Hundeführerin Denise Karp übt er an der Aare im Kanton Solothurn die Suche nach Schildkröteneiern. Kjiell und andere Hunde zeigen an, wenn sie ein vergrabenes Ei gefunden haben.
Aktuell finden sie rund 70 Prozent der Eier, die drei Zentimeter tief vergraben sind. In der Natur vergraben die Rotwangen-Schmuckschildkröten ihre Eier aber noch tiefer. «Es ist ein schwieriger Geruch. Der Hund muss sehr kleinräumig suchen. Das heisst, wir können keine riesigen Flächen abdecken», erklärt Denise Karp. Bis die Eiersuche aus dem Status des Pilotprojekts kommt, dauert es also noch eine Weile.
Die Suche nach Eiern ist der eine Punkt bei der Eindämmung der gefrässigen Schildkröten. Die Tiere werden auch eingefangen oder von Halterinnen und Haltern abgegeben. Plätze in Auffangstationen sind aber knapp. Das Tierheim Aarebrüggli in Grenchen SO etwa muss Anfragen schon seit Jahren abweisen. Manchmal gebe es deswegen negative Reaktionen, erzählt Geschäftsführer Ivan Schmid. Die Leute möchten etwas Gutes tun und wüssten nicht, wohin mit der Schildkröte.
Eine grosse Aufnahmestation ist das Centre Emys in Chavornay VD. Doch auch hier ist die Kapazität beinahe ausgeschöpft. Nach dem warmen Sommer werden nun 3000 Schildkröten betreut, für zusätzliche Landschildkröten hat es keinen Platz mehr. Ein kleiner Ausbau sei noch möglich, sagt Projektleiterin Charlotte Ducotterd. In zwei bis drei Jahren sei aber das Maximum erreicht.
Expertin fordert weitere Verbote
Biologin Ducotterd erforscht im Auftrag des Bundes invasive Schildkröten. Sie untersucht das Fressverhalten der Tiere und beobachtet, welchen Einfluss sie auf die heimische Flora und Fauna haben.
Für Charlotte Ducotterd ist klar: Der Bund muss weitere Massnahmen erlassen. Auch der Import von Gelbbauch-Schmuckschildkröten soll verboten werden. Viele Zoohandlungen seien auf diese Art ausgewichen, seitdem der Handel mit Rotwangen-Schmuckschildkröten verboten ist. Aufnahmestationen wie das Centre Emys hätten genügend Tiere, die sie an Interessierte weitergeben können. Zudem würde sie einen Kurs begrüssen, den angehende Halterinnen und Halter von Schildkröten absolvieren müssen.