Als Sohn einer Jurassierin und eines Bernjurassiers wuchs Jean-Christophe Geiser in Cortébert auf. Die politische Gemeinde im Berner Jura sorgte in den 1980er-Jahren national für Schlagzeilen, aus blutigem Anlass. Am 16. Mai 1980 hielten die Separatisten des Mouvement Autonomiste Jurassien eine Versammlung in einem Restaurant in Cortébert ab – eine Provokation für die Berntreuen, die zur Attacke übergingen.
Ich war der Ansicht, dass solche Ereignisse überall, aber nicht in der Schweiz stattfinden können und trotzdem ist es passiert.
«Ich habe das persönlich erlebt. Es gab heftige Ausschreitungen. Schüsse gegen die Fassaden des Restaurants. Die Polizei musste eingreifen» – für den damals 15-Jährigen ein einschneidendes Ereignis. «Es fühlte sich an wie ein Bürgerkrieg», erinnert sich Geiser.
Der Jurakonflikt im Zeitraffer
«Ich war der Ansicht, dass solche Ereignisse überall, aber nicht in der Schweiz stattfinden können und trotzdem ist es passiert.» Die gewaltsamen Auswirkungen des Jurakonfliktes spürte Geiser bis in die Reihen der nächsten Verwandtschaft. «Die Familie hat unter der politischen Haltung meines Grossvaters gelitten», erzählt Geiser. Sein Grossvater, Henri Geiser, war zwischen 1959 und 1971 Berner Nationalrat und als Antiseparatist bekannt. Sein politisches Engagement führte dazu, dass er unter Polizeischutz stand. Eine Seltenheit in der Schweiz.
Vermittler zwischen Kanton Bern und Jura
Jean-Christophe Geiser ist somit nicht der erste in seiner Familie, der sich intensiv mit dem Jurakonflikt auseinandersetzt. Seine Position ist jedoch eine andere als die seines Grossvaters. Seit Anfang der 1990er-Jahre verhandelt Geiser im Auftrag des Bundes zwischen dem Kanton Bern und dem Kanton Jura. Die Frage, ob Geiser genügend Distanz zum Jurakonflikt hat, drängte sich zu keinem Zeitpunkt auf.
«Es wurde nie von den Behörden, zwischen denen ich vermittelt habe, behauptet, dass ich nicht neutral sei. Das ist mein grosser Stolz», sagt Geiser. Weiter präzisiert er: «Wenn sie zwischen zwei Parteien vermitteln wollen, ist die absolute Neutralität eine zwingende Voraussetzung.»
Moutier war «ein spannendes Dossier»
Den Drahtseilakt zwischen zwei Welten zu vollführen, das kennt Geiser ebenso aus anderen Bereichen seines Lebens. Nebst seiner Tätigkeit als Jurist ist er Organist in der Kathedrale von Lausanne und unterrichtet am dortigen Konservatorium. «Ich schätze die Abwechslung. Nur eine Tätigkeit auszuüben, wäre für mich nicht ideal», sagt Geiser. «Wenn man Bach spielt, lässt dies eine andere Dimension zu.» Geiser beweist Fingerspitzengefühl an der Orgel wie im Verhandlungszimmer.
Nach jahrelangen, zähen Verhandlungen kann das Dossier nun ad acta gelegt werden. Geiser erläutert, «die Jurafrage wird politisch als abgeschlossen betrachtet werden, sobald Moutier zum Kanton Jura gehört». Dies wird per 1. Januar 2026 der Fall sein. Was bleibt nach dreissig Jahren Arbeit? «Es war ein spannendes Dossier – juristisch, politisch wie auch menschlich» resümiert Jean-Christophe Geiser.