Die Fronten sind verhärtet im Streit zwischen dem Zürcher Verlagshaus Tamedia und ihren Journalisten in der Westschweiz. Die Redaktionen der Zeitungen «24 Heures», «Tribune de Genève» und «Le Matin» befinden sich seit gestern Nachmittag im Streik. Sie protestieren gegen die Einstellung der Printausgabe von Le Matin.
Während sich Politiker und die Deutschschweizer Redaktionen von Tamedia solidarisch erklären mit den streikenden Journalisten, droht ihnen von Seiten der Tamedia Suisse Romandie die Kündigung. Auch dagegen gingen die Journalisten heute in Lausanne auf die Strasse.
Rund 200 Journalisten, Gewerkschafter und Politiker formierten sich am Mittag am Bahnhof Lausanne zum Demonstrationszug in Richtung Tamedia-Hochhaus. «Rettet die Presse!», riefen sie. Tamedia will in zwei Wochen die Printausgabe des «Le Matin» einstellen, weil sie seit Jahren Defizite in Millionenhöhe verursacht.
Frist verstrichen
Die Journalistinnen und Journalisten brauchten einigen Mut, um heute auf die Strasse zu gehen und nicht an den Arbeitsplatz. Die Westschweizer Tamedia drohte in einer Mail allen Journalisten, die bis am Mittwoch um 11 Uhr nicht zurück bei der Arbeit sind, mit der Kündigung.
Die Empörung darüber ist nicht nur bei den Angestellten gross, sondern auch bei den Unterstützern, die sich formieren. Über 500 Personen unterzeichneten eine Petition, darunter zahlreiche National- und Ständeräte aus der Romandie.
Das Vorgehen ist inakzeptabel und zeugt von Geringschätzung
Mehrere Parteien aus den Kantonen Genf und Waadt sowie die Stadtregierung Genf haben einen Appell für die Rettung der Medienvielfalt in der Westschweiz unterzeichnet. «Das Recht auf Streik ist in der Bundesverfassung verankert», erinnert die Waadtländer SP-Nationalrätin Rebecca Ruiz. Das Vorgehen sei inakzeptabel und zeuge von Geringschätzung.
Unverständnis und Empörung
Auch die Deutschschweizer Tamedia-Redaktionen zeigen sich überrascht über die angedrohten Kündigungen. «Das geht nicht», sagt Markus Dütschler. Der Sprecher der Deutschschweizer Tamedia-Redaktionen findet: «Ein Streik ist zwar keine schöne Sache, aber vom Gesetz her zulässig. Wenn man die Leute dann so bedroht, finde ich das sehr schlecht».
Tamedia setzte die Drohung vorerst nicht in die Tat um, und auch die Angestellten zeigten sich unbeeindruckt. Sie führen den Streik bis Donnerstag weiter. Dann werden sich Tamedia und die Angestellten an einen Tisch setzen. Vermitteln soll die Schlichtstelle des Waadtländer Wirtschaftsdepartements.