Immer mehr Schweizer Spitäler schliessen ihre Geburtenabteilungen. So sind zum Beispiel die Pläne des Aargauer Spitals Muri, weil die Geburten nicht rentieren. Ähnlich tönt es in Langenthal BE. Das Spital Region Oberaargau schliesst dort die Geburtenabteilung per Ende September 2025. Nun werben die nahe gelegenen Solothurner Spitäler für ihre Geburtenabteilungen. Das verärgert die Region.
15'000 Menschen kämpfen in der Region Langenthal für «ihre» Geburtenabteilung. Sie haben eine Petition für den Erhalt der Abteilung unterschrieben und sie der Spitalleitung übergeben. Die Angst der Bevölkerung: Wenn ein Spital die Geburtenabteilung schliesst, könnte es der Anfang vom Ende des ganzen Spitals sein. Das ist zum Beispiel in Meiringen BE passiert.
Langenthal ist nicht allein
Immer mehr künftige Eltern wählten für die Geburten grössere Spitäler, hiess es im Februar vom Spital Muri AG: «Die werdenden Eltern suchen viel öfters ein Zentrumsspital mit Neonatologie auf oder entscheiden sich für ein Geburtshaus oder eine Hausgeburt», sagte Sabina Rüttimann, Stiftungsratspräsidentin des Spitals Muri, damals. Zudem gehe die Zahl der Schweizer Geburten tendenziell zurück.
Die Gründe für die Schliessungen von Geburtenabteilungen sind also vielseitig. Für die Region Langenthal sind die Schliessungspläne der Geburtenabteilung vor allem schlechte Nachrichten. Die künftigen Eltern sollen nach Burgdorf ausweichen, heisst es beim Kanton Bern.
Und genau hier kommen die kantonalen Solothurner Spitäler AG ins Spiel. Denn im Berner Nachbarkanton Solothurn bieten die Solothurner Spitäler AG (soH) mehrere Geburtenabteilungen an. Und auf dieses Angebot weisen die soH mit Plakatwerbung hin: «Unsere Frauenklinik, immer nah» oder «Unsere Hebammen, immer nah», steht hier.
Stadtpräsident und Hebamme kritisieren Aktion
Die Werbeaktion habe sie überrascht, sagt Ursina Tschannen, Hebamme in Langenthal. «Zuerst bin ich erschrocken. Für mich ist es gleichzeitig stossend. In Langenthal hat man keine Lösungen für Familien gefunden, an anderen Orten wirbt man mit Geld dafür.»
Ähnlich sagt es auch der Langenthaler Stadtpräsident Reto Müller: «Bei uns hat man gesagt, dass die Geburtshilfe in Langenthal nicht rentiert. Und jetzt kommt ein Kantonsspital und macht teure Plakatwerbung im gesamten Oberaargau und wirbt um die Frauen. Da stellt man sich die Frage, ob das aufgeht», so Müller gegenüber SRF.
Solothurner sehen keine Probleme
Die Plakataktion sei kein Problem – sagt soH-Mediensprecher Gian Trionfini: «Werdende Eltern entscheiden früh, wo sie gebären möchten. Wir haben noch Kapazitäten.» Die Solothurner Spitalgruppe hat an den Standorten Solothurn und Olten Geburtenabteilungen und zählte letztes Jahr rund 1500 Geburten.
Wie viel die Plakatwerbung kostet, sagen die soH nicht. Sie sei Teil einer Gesamtkampagne, so Triofini weiter.
Fakt ist: Von Langenthal ist es ins bernische Burgdorf etwa gleich weit wie nach Solothurn oder Olten SO. Zudem ist das Bürgerspital Solothurn, das zur soH gehört, auf der Spitalliste des Kantons Bern.
Gut möglich also, dass Oberaargauer Eltern künftig ausserkantonal in Solothurn gebären möchten. Ob sie dies aufgrund der Plakate tun werden, ist kaum belegbar.