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Lockern bis die zweite Welle kommt
Aus News Plus vom 19.06.2020.
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Steigt der R-Wert wieder? Die wichtigsten Fragen und Antworten zur Reproduktionszahl

Der Bundesrat lockert – trotz Anstieg der Fallzahlen. Jetzt rückt auch die Reproduktionszahl R wieder in den Fokus.

Was bedeutet R? R steht für «Reproduktionszahl». Auf die aktuelle Pandemie bezogen bezeichnet R, wieviele Menschen eine infizierte Person mit dem neuen Coronavirus anstecken kann. Dabei ist R ein Durchschnittwert: wenn zehn infizierte Personen weitere 15 anstecken, dann liegt der entsprechende R-Wert bei 1.5. Dabei haben einige Personen aber mehr als eine Person angesteckt, andere hingegen niemanden.

Was kann der R-Wert aussagen? Der nackte R-Wert ohne Unsicherheitsbereich besagt: wenn R kleiner ist als 1, dann wird die Ausbreitung des Virus kontinuierlich abgebremst, weil über alle Infizierten gesehen nicht jede infizierte Person eine weitere ansteckt. Wenn R hingegen grösser ist als 1, dann steckt im Durchschnitt jede infizierte Person mehr als eine weitere an. Die Zahl der Infizierten steigt exponentiell an. Ab einem Wert von R=2 sähen wir jeden Tag eine Verdoppelung der Neuansteckungen.

Was sind die Unsicherheiten des R-Werts? Der R-Wert hängt stark von der absoluten Anzahl der Neuansteckungen ab. Ein Beispiel: wenn an einem Tag 10 Neuansteckungen gefunden werden und am nächsten Tag 15, dann bedeutet es, dass der R-Wert für einen Tag auf 1.5 steigt. Wenn am darauf folgenden Tag aber beispielsweise 12 neu Infizierte gefunden werden, sinkt R bereits wieder unter 1. Diese starken Schwankungen versucht man ein wenig abzufangen, indem die R-Werte jeweils über drei Tage gemittelt werden. Zum anderen haben die R-Werte ein grösseres Unsicherheitsintervall, wenn sie anhand von tiefen Ansteckunszahlen berechnet werden.

Wenn sich die absoluten Ansteckungszahlen auf hohem Niveau bewegen, schwanken die R-Werte von Tag zu Tag weniger, das Unsicherheitsintervall ist schmaler und die Aussagekraft von R steigt.

R ist bei generell tiefen Ansteckungszahlen weniger relevant für die Öffentlichkeit als bei vielen Neuansteckungen: wenn täglich 10 oder 20 Leute neu infiziert werden, und R kurzzeitig deutlich über 1 ansteigt, dann hat das bei weitem nicht dieselben Konsequenzen, wie wenn sich täglich 100 Personen neu anstecken und es am nächsten Tag bereits 200, am übernächsten 400 Neuansteckungen wären.

Steigen die bestätigten Neuansteckungen und somit auch der R-Wert, weil mehr getestet wird? In die Berechnungsmethode für R wird statistisch mit eingerechnet und berücksichtigt, wie viele Tests jeden Tag gemacht werden (siehe «Materials and methods»).

Gibt es andere wichtige Kennwerte, die den R-Wert ergänzen? Der R-Wert ist ein Durchschnittswert. Mittlerweile verdichten sich aber die Hinweise, dass in der Realität einige wenige Infizierte die Pandemie deutlich stärker antreiben als andere – dass die R-Werte von einer Person zur nächsten also deutlich variieren. So wurden bereits verschiedentlich sogenannte «Super-Spreader» beobachtet: einzelne Personen, die sehr viele andere ansteckten. Daneben überstehen viele Menschen eine Corona-Infektion, ohne jemand anderes anzustecken. Diese ungleich verteilte Ansteckungsverhalten werden durch den Dispersionsfaktor k beschrieben. Leider weiss die Forschung bist jetzt aber noch sehr wenig darüber, was genau jemanden zu einem «Super-Spreader» oder einer kaum ansteckenden Person macht.

Wie wird R berechnet? Die Berechnung von R beruht auf der Anzahl bestätigter Neuinfektionen. Dabei wird berücksichtigt, dass zwischen dem Tag einer Ansteckung mit dem Coronavirus bis zum bestätigten Nachweis einer Ansteckung durchschnittlich zehn Tage vergehen: bis eine Person Symptome entwickelt und bemerkt, dass sie infiziert sein könnte, vergehen im Durchschnitt schon fünf Tage. Bis ein Virus-Test gemacht und das Resultat bekannt ist, vergehen nochmals einige Tage. So kommt es, dass der aktuellste R-Wert, den die COVID-19-Task Force auf ihrer Seite veröffentlicht, zehn Tage alt ist.

Die Zahlen der Neuansteckungen fallen normalerweise über Wochenenden und Feiertage deutlich ab – nicht, weil sich dann weniger Leute anstecken, sondern weil in den analytischen Laboren, die die Virus-Tests auswerten, nicht oder reduziert gearbeitet wird. Um diesen Effekt etwas auszgleichen, werden die R-Werte der Science Task Force jeweils über drei Tage gemittelt.

Quellenangabe

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Den R-Wert für die Schweiz errechnen Forscherinnen und Forscher des Departements für Biosystems Science and Engineering zusammen mit dem Schweizer Institut für Bioinformatik. Unterstützt werden sie vom Bundesamt für Gesundheit, verschiedenen kantonalen Fachstellen, und Universitätsspitälern.

Als Datengrundlage für die bestätigten Neuansteckungen dienen mittlerweile ausschliesslich die Zahlen des Bundesamtes für Gesundheit (BAG). Vorher, als die Daten des BAG noch eine deutliche Verzögerung aufwiesen, war die Initiative OpenZH des Kanton Zürich eine wichtige Datenlieferantin.

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Corona-Krise: Taskforce fordert Maskenpflicht
Aus 10 vor 10 vom 18.06.2020.
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10v10, 18.06.2020

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