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Kampfjet-Kauf Staatsrechtler: Bundesrat muss F-35-Initiative nicht abwarten

Angesichts der veränderten Sicherheitslage in Europa wollen etliche bürgerliche Sicherheitspolitiker den Ausgang der sogenannten Stopp-F-35-Initiative nicht mehr abwarten. Aus staatsrechtlicher Sicht spreche nichts dagegen, erklärt der Experte.

Am Mittwoch haben sich die Mitglieder der Sicherheitspolitischen Kommissionen von National- und Ständerat in einem Hangar in Emmen (LU) getroffen. Dort wurde ihnen das grösste Rüstungsvorhaben der nächsten Jahre vorgestellt: der US-Tarnkappenjet F-35. 

Darko Savic, der Projektleiter des Bundesamtes für Rüstung Armasuisse, erklärte den Parlamentsmitgliedern, dass die Zeit dränge. Wenn die Schweiz den Kauf bis Ende März 2023 nicht abschliesse, sei der Vertrag hinfällig. «Dann besteht das Risiko, dass unsere Flieger später ausgeliefert werden und nicht zu den festgelegten Preisen», so Savic. Weil nun immer mehr Staaten den F-35 kaufen möchten, könnten die Jets auch teurer werden. 

Bisher wollte der Bundesrat eigentlich den Ausgang der sogenannten Stopp-F-35-Initiative abwarten. Doch diese ist noch nicht einmal eingereicht.  

Die Rechtskraft einer Initiative ergibt sich erst im Moment, in dem wir die Initiative angenommen haben.
Autor: Felix Uhlmann Staatsrechtler

Staatsrechtler Felix Uhlmann erklärt: Der Bundesrat könne den Kaufvertrag theoretisch unterzeichnen. «Er darf diese Jets jetzt grundsätzlich beschaffen. Eine Initiative hat keine aufschiebende Wirkung», sagt der Professor für Staats- und Verwaltungsrecht an der Universität Zürich. «Die Rechtskraft einer Initiative ergibt sich erst im Moment, in dem wir die Initiative angenommen haben.»

Ja zur Initiative würde nicht viel ändern

Doch was würde geschehen, wenn der Bundesrat den Kaufvertrag unterschreiben, die Stimmbevölkerung die Initiative aber später annehmen würde? In der Verfassung würde dann stehen: «Der Bund beschafft keine Kampfflugzeuge des Typs F-35.» Dann stehe der Kauf im Widerspruch zum Verfassungstext, erklärt Staatsrechtler Uhlmann.

Der Bundesrat müsste die Jets aber nicht wieder verkaufen. Die Initiative würde keine Rückwirkung entfalten, ergänzt Uhlmann. Im Verfassungstext sei dazu nichts zu finden.  

Staatsrechtlich scheint die Situation also klar. Darum möchten jetzt viele bürgerliche Sicherheitspolitiker, dass der Bundesrat die Initiative nicht mehr abwartet. 

Bundesrat soll zum Kauf ermächtigt werden

«Wir diskutieren, ob wir den Bundesrat ermächtigen wollen, den Kaufvertrag zu unterschreiben, nachdem National- und Ständerat dem Kauf des F-35 zugestimmt haben», sagt Werner Salzmann. Der Berner SVP-Ständerat ist Präsident der Sicherheitspolitischen Kommission des Ständerats.  

Salzmann geht davon aus, dass der Ständerat die Armeebotschaft und damit den Kauf des F-35 in der Sommersession behandeln wird. Der Nationalrat wäre in der Herbstsession an der Reihe. Danach könnte der Bundesrat den Kaufvertrag unterschreiben.  

Das finde ich ein sehr merkwürdiges Verständnis von Demokratie.
Autor: Priska Seiler Graf SP-Nationalrätin

Das geplante Vorgehen der Bürgerlichen empört die F-35-Gegnerin Priska Seiler Graf (Nationalrätin SP/ZH): «Das finde ich ein sehr merkwürdiges Verständnis von Demokratie. Ich bin dagegen, dass man die normalen Spielregeln abändert.»

Demokratiepolitisch wäre das Nichtabwarten der Initiative zumindest unüblich, meint Staatsrechtler Felix Uhlmann. «Es hat eine gewisse Tradition, dass man Initiativen abwartet.»  

Es gab schon eine Abstimmung

Der Bundesrat könne aber auch argumentieren, dass die Bevölkerung schon einmal dazu abgestimmt habe. 2020 stimmte eine knappe Mehrheit dem 6-Milliarden-Kredit für neue Kampfjets zu. Es sei auch unüblich, dass die Bevölkerung zweimal über das praktisch gleiche Thema abstimme, meint Experte Uhlmann. 

Die Landesregierung wird den Kauf des F-35 aber wohl nur beschleunigen, wenn sie vom Parlament dazu aufgefordert wird.

Echo der Zeit, 15.03.2022, 18:00 Uhr

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