Kinder, die ganz allein zur Schule gehen, ohne von den Eltern begleitet oder überwacht zu werden: Was für Schweizerinnen und Schweizer selbstverständlich ist, können Auswärtige oft kaum glauben. Denn ein Schulweg kann auch gefährlich sein, etwa an unübersichtlichen Strassenübergängen oder entlang verkehrslastiger Strecken.
Die Eltern können ihre Kinder auf den Schulweg schicken, ohne sich Sorgen machen zu müssen.
Die Stadt Kriens in Luzern begegnet diesem Problem nun mit einer ungewöhnlichen Idee. Sie wird den Kindern einen GPS-Tracker mitgeben, der ihren Schulweg digital aufzeichnet. Im Nachhinein sollen so die gefährlichen Stellen erkannt und entschärft werden. Am Donnerstag hat das Stadtparlament einem entsprechenden Kredit zugestimmt.
Gefahren besser erkennen
Das Projekt soll mehrere Jahre dauern. Es kommen 160 GPS-Tracker in Umlauf, die immer wieder unterschiedlichen Kindern mitgegeben werden. Die Idee geht zurück auf den Stadtparlamentarier Beda Lengwiler von der Jungen Mitte. «Einerseits wollen wir so Unfälle vermeiden. Andererseits können die Eltern ihre Kinder auf den Schulweg schicken, ohne sich Sorgen machen zu müssen.»
Auch die Stadtregierung stellte sich hinter das Vorhaben. Maurus Frey, Bauvorsteher von Kriens, ist überzeugt von dessen Mehrwert. «Unsere Verkehrsplaner schauen sich die Stadt normalerweise aus der Vogelperspektive an. Mit diesen Trackern können wir die Perspektive der Kinder einnehmen.» So könne man die Gefahren auf den Schulwegen besser erkennen, meint der Grünen-Politiker.
«Transparenz ist wichtig»
Wie genau die GPS-Sender den Kindern mitgegeben werden sollen, daran tüftelt aktuell der Verein «Labor Luzern». Die Stadt hat der öffentlichen Werkstatt für Bastler und Technikerinnen den Auftrag zur Umsetzung des Projekts erteilt. «Transparenz ist besonders wichtig», sagt Florian Huber von «Labor Luzern». Man müsse die Technik als solche erkennen und sie den Kindern auch erklären. «Sie sollen wissen, was sie dabeihaben.»
Ausserdem müsse die Datensicherheit gewährleistet sein. Obwohl die Teilnahme am Projekt freiwillig ist und die Eltern selbst entscheiden, ob sie ihren Kindern einen Tracker mitgeben, hat der Sicherheitsaspekt bereits kritische Reaktionen hervorgerufen. Ein Vater, den wir vor der Schule antreffen, fragt sich, ob Aufwand und Ertrag in einem Gleichgewicht stehen. Ein anderer meint, er sei erschrocken, als er von der Idee hörte, dies bei Kindern anzuwenden. «Ich bin eher kritisch», sagt er.
22'000 Franken pro Jahr
Bauvorsteher Frey versucht zu entkräften: «Es geht nicht darum, den Kindern nachzuspionieren.» Man sehe darin eine Möglichkeit, mit angemessenem Aufwand eine grosse Menge an Schulweg-Daten zu erfassen. «Wir haben 1500 Schülerinnen und Schüler.» Der Stadtrat verspricht, die Daten nicht auszunützen.
Das Parlament liess sich – trotz kontroverser Diskussionen – davon überzeugen und stimmte dem Kredit von 22'000 Franken pro Jahr zu. Bereits im Sommer sollen nun die ersten Daten erfasst werden.