Zum Inhalt springen

Kantone machen Druck Impfwillige geimpft: Doch BAG will noch keine «Normalisierung»

  • Sobald alle Impfwilligen geimpft sind, sollen die Massnahmen kontinuierlich wegfallen. So sieht es das Modell des Bundesrates vor.
  • Aus Sicht vieler Kantone sind die Kriterien der Regierung grösstenteils erfüllt.
  • Für gewisse Kantone ist deshalb klar: Die Massnahmen müssen fallen. Das Bundesamt für Gesundheit und auch Epidemiologen treten jedoch auf die Bremse.

Das Glarner Impfzentrum in Ennenda ist derzeit geschlossen. Seit Mitte Juni ging die Zahl der Impfwilligen im Kanton zurück. Wer sich impfen lassen wollte, sei geimpft, sagt Frank Gross, Projektleiter Covid-Impfungen im Kanton. «Da kann man die Lockerungsschritte sehr schnell angehen», fügt Gross deshalb an.

Einige Kantone erfüllen Kriterien

Der Kanton Glarus ist nicht der einzige Kanton, in dem alle Impfwilligen sich bereits pieksen lassen konnten. Auch im Kanton Aargau ist dies erfüllt. Der Kanton hat mittlerweile in allen Impfzentren auf einen Walk-In-Betrieb ohne Anmeldung umgestellt, dennoch sei die Nachfrage stark zurückgegangen. Deshalb wird Ende August auch ein Impfzentrum geschlossen.

Und auch viele weitere Kantone schreiben auf Anfrage von SRF, sie seien auf Kurs. Der Kanton Zürich hat die Kriterien «weitestgehend erreicht.» Im Kanton St. Gallen sind sämtliche Kriterien erfüllt. Im Kanton Luzern ist mindestens ein Kriterium erfüllt. Im Kanton Basel-Stadt hingegen hat man noch eine Warteliste von 2000 Personen. Doch auch dort werden die drei Kriterien bald erfüllt sein, denkt Gesundheitsdirektor Lukas Engelberger: «Ich gehe davon aus, dass Basel-Stadt den Zeitpunkt kurz nach den Sommerferien erreicht hat».

Bedingungen für die Normalisierungsphase

Box aufklappen Box zuklappen

Die Kantone sollen dem BAG Bescheid geben, sobald alle Impfwilligen die Chance hatten, sich impfen zu lassen. Damit dies der Fall ist, müssen folgende Bedingungen gegeben sein:

1. Impfwillige Personen müssen innerhalb von zwei Werktagen einen Impftermin erhalten können.

2. Der Impftermin soll in ihrer Wohngegend wahrgenommen werden können.

3. Das Angebot der Impfmöglichkeiten muss die Nachfrage während mindestens einer Woche klar übertreffen.

Quelle: Bundesrat

BAG tritt auf die Bremse

Wenn sämtliche Kantone die Kriterien erfüllen, sollte von der jetzigen Stabilisierungsphase eigentlich in eine Normalisierungsphase gewechselt werden, in der die Massnahmen sukzessive aufgehoben werden. Epidemiologe Marcel Tanner ist der Ansicht, dass man sich nun auf diese Normalisierungsphase zubewege. «Man muss nun Perspektiven suchen und nicht suchen, wo man noch mehr einschränken muss», sagt Tanner. So wäre es seiner Meinung nach beispielsweise angebracht, die Maskenpflicht teilweise aufzuheben.

So weit sei man jedoch noch nicht, heisst es seitens des BAG. Noch seien die Kriterien für die Normalisierungsphase nicht erfüllt. Es hätten sich noch nicht alle Impfwilligen impfen können. Und die Kriterien seien nicht in Stein gemeisselt, die Entscheidung liege beim Bundesrat.

Nächste Wochen könnten entscheidend sein

Der Bundesrat solle nichts überstürzen, findet Infektiologe Andreas Cerny. Stattdessen gelte es, die nächsten paar Wochen abzuwarten und zu schauen, wie sich das Infektionsgeschehen durch die Reiserückkehrer ändere. Cerny sagt: «Aus meiner Perspektive ist ein Übertritt in die Normalisierungsphase zu früh. Wir haben eine Zunahme der Fallzahlen und der Hospitalisierungen. Wir haben nun die Delta-Variante, die zu einer Zunahme führt.»

Die Frage nach dem Übergang zur Normalisierungsphase dürfte nach den Sommerferien wohl weiterhin diskutiert werden. So könnte zwar dank Personen, die sich nach den Ferien nun doch noch impfen lassen möchten, die Impfquote noch steigen. Es besteht aber auch die Gefahr, dass die Fallzahlen durch Infektionen in den Ferien ebenfalls steigen. Die grosse Frage scheint nun, welche Entwicklung die grösseren Auswirkungen auf den Pandemieverlauf hat.

10vor10, 03.08.2021, 21:50 Uhr

Meistgelesene Artikel