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Kantonswechsel von Moutier Ein «historischer Tag»: Bern und Jura unterschreiben Abkommen

Mit dem Konkordat wollen die Behörden die Jurafrage endgültig klären. Ein wichtiger Schritt – auch wenn sich bereits Widerstand angekündigt hat.

Eine weitere Etappe im Jura-Konflikt ist geschafft: Die Kantone Bern und Jura haben das Moutier-Konkordat unterzeichnet. Der Kanton Bern schreibt von einem «wichtigen Schritt». Die jurassische Regierungsrätin Nathalie Barthoulot spricht gar von einem «historischen Tag für die Region».

Das Konkordat regelt die wichtigsten Punkte, damit die Stadt Moutier auf Anfang 2026 vom Kanton Bern zum Kanton Jura wechseln kann.

Dabei geht es zum Beispiel um die Aufteilung der Güter, um Fragen des Finanzausgleichs, aber auch um Steuern, das Spitalwesen und die Schulen.

Bern bedauert den Abgang Moutiers

Rückblick: 2012 wurden die Verhandlungen zwischen den beiden Kantonen angestossen. Im Frühling 2021 stimmte Moutier dem Kantonswechsel zu. Seither haben sich die Delegationen der beiden Kantone über zwanzigmal getroffen, um die Modalitäten des Kantonswechsels auszuhandeln.

Pierre Alain Schnegg und Nathalie Barthoulot
Legende: Nach langen Verhandlungen: Der Berner Regierungsrat Pierre Alain Schnegg und seine jurassische Amtskollegin Nathalie Barthoulot haben das Abkommen zum Kantonswechsel von Moutier unterzeichnet. Keystone/JEAN-CHRISTOPHE BOTT

«Wir bedauern den Abgang Moutiers», sagt der Berner Regierungsrat Pierre Alain Schnegg. «Aber wir können alle stolz sein, dass wir diese Frage gelöst haben, die die Region so lange getrennt hat.» Dies sei ein friedlicher Schlusspunkt, ist er überzeugt.

Widerstand kündigt sich an

Mit der Unterzeichnung des Konkordats haben die beiden Kantone bestätigt: Künftig wollen sie auf Streitigkeiten um Gebiete verzichten. Der Kanton Jura will dafür auch seine Verfassung ändern und die beiden «Kampfartikel» aus der Kantonsverfassung streichen. Diese Artikel besagen, dass der Kanton alle Gebiete des Berner Juras bei sich aufnehmen kann.

Ganz in trockenen Tüchern ist das Abkommen aber noch nicht. Denn trotz der feierlichen Bekundungen der beiden Kantonsregierungen bei der Unterzeichnung bleibt das Konkordat nicht unwidersprochen. Berntreue Gruppierungen und verschiedene Grossratsmitglieder aus dem Berner Jura haben bereits Widerstand angekündigt.

Die Geschichte der Jurafrage

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1815:  Am Wiener Kongress wird das Gebiet des ehemaligen Fürstbistums Basel dem Kanton Bern zugesprochen. Das Gebiet umfasst die sieben Bezirke Pruntrut, Delsberg, Freiberge, Moutier, Courtelary, Neuenstadt und Laufen. Es kommt zu ersten Konflikten zwischen Berntreuen und Jurassiern.

1959:  Der Kanton Bern lehnt einen eigenen Kanton Jura ab.

1963: Die jurassische Widerstandsorganisation Béliers wird gegründet. Es kommt zu diversen Sprengstoff- und Brandanschlägen der jurassischen Befreiungsfront (FLJ).

1979: Der Kanton Jura wird gegründet. Er umfasst die nördlichen Bezirke, die südlichen bleiben bei Bern. Damit ist weiterhin Zündstoff vorhanden. Die Bestrebungen, die südlichen, bernischen Bezirke mit dem Jura zu vereinigen, erlahmen nicht.

2012: Die Regierungen der Kantone Bern und Jura unterzeichnen eine Vereinbarung zur Durchführung einer Abstimmung.

2013: Der Kanton Jura und die drei südlichen Bezirke Courtelary, Moutier und La Neuveville stimmen über einen Kantonswechsel des Südjuras ab. Der Kanton Jura stimmt deutlich zu, die drei Südjurabezirke lehnen wuchtig ab – ausser Moutier.

2017: Die Stimmbevölkerung von Moutier spricht sich für einen Kantonswechsel aus. Das Ergebnis wird wegen Unregelmässigkeiten annulliert.

2021: Moutier nimmt einen zweiten Anlauf: Die Stimmbevölkerung stimmt dem Kantonswechsel zu.

«Die SVP-Grossratsmitglieder aus dem Berner Jura werden sich gegen das Konkordat aussprechen, wenn es im nächsten Frühjahr im Berner Kantonsparlament behandelt wird», kündigte Grossrat Etienne Klopfenstein gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA an. Mit dem Kantonswechsel der Gemeinde Moutier gebe es keine Gewinner, sondern nur Verlierer.

Kampfbewegungen wie Moutier-Résiste, die Force démocratique oder die Groupe Sanglier lehnen das Konkordat in seiner derzeitigen Form ebenfalls ab. Sie bezweifeln, dass die Autonomisten auf alle Gebietsansprüche im Berner Jura verzichten.

Das letzte Wort hat der Bund

Nachdem die Regierungen das Abkommen unterzeichnet haben, sind nun die beiden Kantonsparlamente an der Reihe: Sie müssen das Konkordat genehmigen, bevor es im Herbst nächsten Jahres der bernischen und jurassischen Bevölkerung vorgelegt wird.

Schliesslich stimmt spätestens im Herbst 2025 auch die Bundesversammlung über das Abkommen ab.

Regionaljournal Bern Freiburg Wallis, 24.11.2023, 12:03 Uhr ; 

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