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Katastrophe vor 200 Jahren Als Frutigen BE brannte: der Tag, der alles veränderte

1827 zerstörte ein Grossbrand das Dorf Frutigen BE – der Wiederaufbau prägt das Ortsbild bis heute.

Frutigen im Berner Oberland kennt man. Papa Moll besucht das Tropenhaus, ein Wanderweg führt auf den Niesen und im Spital werden keine Babys mehr geboren. Was aber viele nicht wissen: Vor knapp 200 Jahren brannte das ganze Dorf. Danach war Frutigen ein anderes. Noch heute erzählt das Dorfbild davon.

«Der Brand damals war eine Katastrophe», sagt Hans Egli. Der gebürtige Frutiger hat über Jahre hinweg zum Dorfbrand und dessen Folgen recherchiert, und daraus ist ein Buch entstanden. Anhand von Archivmaterial, teils aus Privatbeständen, und anhand von Grundbüchern konnte Egli den Brand und die Folgen rekonstruieren.

So schnell breitete sich das Feuer aus

Es ist der 3. August 1827, als kurz nach 15 Uhr in der Mitte des Dorfes Feuer ausbricht. Innert wenigen Minuten greift das Feuer auf umliegende Häuser über, und drei Stunden später liegt ganz Frutigen in Asche.

«Gegen Abend versammelten sich die Menschen mit ihrer geretteten Habe auf den Wiesen rund um das Dorf. Und dort verbrachten sie die Nacht», so Egli. Der Brandmeister, der heutige Feuerwehrkommandant, habe das Feuer bewacht und den Leuten verboten, in ihre Häuser zurückzugehen.

Ich war überrascht, als ich las, wie schnell die Hilfe kam.
Autor: Hans Egli Buchautor

Sie kamen bei Verwandten und Bekannten unter, in Häusern oder Ställen etwas ausserhalb, aber auch der Pfarrer hat Obdachlose aufgenommen und verköstigt. «Nach ein paar Tagen war die erste Not gestillt», so Egli.

Zeichnung des Dorfes nach dem Brand.
Legende: Nach dem Dorfbrand 1827 war nur noch wenig übrig von Frutigen. zvg / Hans Egli

«Ich war überrascht, als ich las, wie schnell die Hilfe kam», sagt Hans Egli. Am Freitag brach das Feuer aus, und bereits am Samstag schickte der Kleine Rat, das war die damalige Regierung in Bern, zwei Männer nach Frutigen, damit sie der Regierung berichten konnten, was geschehen ist.

Einer der Männer war Johann Ludwig Wurstemberger. Er blieb länger im Dorf, um die Hilfe zu organisieren. «Das ist bewundernswert, wie er das gemacht hat: Er hat Kommissionen eingesetzt, die Leute über den Brand ausgefragt und schon nach wenigen Tagen einen ausführlichen Bericht zum Brandhergang geschrieben.»

Ein armes Dorf wurde noch ärmer

Da alle Schmitten verbrannt waren, organisierte Wurstemberger eine mobile Schmitte, die nach zehn Tagen aus Bern in Frutigen ankam. Auch das Werkzeug fehlte, «es war nichts da zum Aufräumen», so Egli. Deshalb wurde auch Werkzeug organisiert.

Ein Grossteil der Bevölkerung Frutigens war schon vor dem Brand arm. Nach dem Brand sei die Armut noch schlimmer geworden, sagt Egli.

Die Regierung in Bern hat schliesslich entschieden, dass Frutigen wieder aufgebaut wird. Aber mit klaren Bedingungen. Die Häuser durften beispielsweise nicht mehr aus Holz sein, sondern mussten gemauert werden. Dies, obwohl die Frutiger laut Egli lieber mit Holz gebaut hätten: «Holzbau konnten sie und Holz hatte es auch zur Genüge und war billiger.»

Gemauerte Häuser in Frutigen
Legende: Der Brand hat das Ortsbild Frutigens stark verändert. Anstelle der Holzhäuser, wie sie sonst im Berner Oberland zu sehen sind, gibt es viele gemauerte Häuser. zvg / Hans Egli

Für die neuen Häuser brauchte es gute Kenntnisse im Mauern, und das habe den Frutigern gefehlt. Deshalb habe Wurstemberger organisiert, dass Maurer aus Vorarlberg kamen. «Die Vorarlberger wussten, wie man Steinhäuser baut. Über mehrere Sommer sind um die 60 Männer gekommen und haben beim Wiederaufbau geholfen.»

Die Berner Regierung hat noch weitere Vorgaben gemacht: Neu wurden Brandmauern zwischen die Häuser gebaut, die Kamine durften nicht mehr aus Holz sein und die Dächer mussten mit Schieferplatten oder Ziegeln gedeckt werden. «Diese Vorgaben haben das Bild von Frutigen stark verändert», sagt der gebürtige Frutiger und Buchautor Hans Egli.

Regionaljournal Bern Freiburg Wallis, 23.5.2025, 17:30 Uhr ; 

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