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Kehrseite des Wirtschaftsbooms In Visp herrscht akute Wohnungsnot

Das Chemie-Unternehmen Lonza hat am Standort Visp in den letzten zwei Jahren 2000 Stellen geschaffen. Mietwohnungen sind deshalb gefragt wie nie.

Bei einem Rundgang durch Visp gerät Niklaus Furger noch immer ins Staunen. Furger ist Gemeindepräsident der Kleinstadt, die sich in den letzten Jahren enorm weiterentwickelt hat. Vor dem neuen Lonza-Komplex angekommen, sagt er: «Allein letztes Jahr haben wir der Lonza 40 Baubewilligungen ausgestellt. Das ist enorm.»

Expansion auch eine Herausforderung

Visp ist der wichtigste Forschungs- und Produktionsstandort der Lonza Group. Hier wird der Impfstoff für Moderna hergestellt. Nachdem Lonza im April 2020 eine zehnjährige Vereinbarung eingegangen war, wuchs die Belegschaft von 2800 auf 4500 Festangestellte. Weiter 1500 Personen sind temporär angestellt, 240 Stellen sind offen. Die Zahlen des Immobilienberaters Wüest Partner zeigen: Die Lonza expandiert so schnell, dass Visp beinahe überrollt wird.

Ein Blick auf Visp mit der Lonza im Vordergrund.
Legende: Ein Blick auf Visp mit dem Lonza-Betriebsgelände. Keystone

Das hat Folgen für den Wohnungsmarkt. Laut Wüest Partner ist er unterdessen beinahe ausgetrocknet. Die Angebotsquote (Anteil inserierter Wohnungen im Verhältnis zum Bestand pro Quartal) lag per Ende 2021 bei 1.8 Prozent. Dieser Wert ist tiefer als in Städten wie Zürich, Genf oder Basel. Schweizweit beträgt die Angebotsquote 5.8 Prozent. Um das Angebot der Nachfrage anzupassen, wird in Visp überall gebaut.

400 neue Wohnungen entstehen

Insgesamt entstehen laut Gemeindepräsident Furger aktuell rund 400 neue Wohnungen. «Unsere Auftragsbücher sind voll bis Ende Jahr. Wir können gar nichts mehr annehmen», sagt Bauunternehmer Olivier Imboden. Doch diese Wohnungen sind erst in ein bis zwei Jahren bezugsbereit. Die Situation wird sich darum für Leute auf Wohnungssuche nicht so schnell entspannen. Die Mieten sind im letzten Jahr um 3.7 Prozent gestiegen – deutlich mehr als im landesweiten Durchschnitt.

Während Visp also auch die negativen Folgen tragen muss, profitiert das ganze Oberwallis vom Wirtschafts-Boom. 40 von insgesamt 63 Gemeinden konnten wachsen – in einer Region, die früher mit Abwanderung zu kämpfen hatte. Aller Chancen zum Trotz: Das Klumpenrisiko für Visp und das ganze Oberwallis steigt. Denn die Region ist jetzt stark abhängig vom Geschäftsgang eines einzigen Unternehmens – der Lonza Group.

Das Immo-Monitoring 2022 von Wüest Partner

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Mietwohnungen: Es gibt immer noch eine grosse Nachfrage auf dem Schweizer Mietwohnungsmarkt. Die Coronapandemie hat dazu geführt, dass die Menschen mehr Raum möchten, unter anderem für Homeoffice. Auch im laufenden Jahr dürfte die Nachfrage hoch bleiben, denn die Zuwanderung wird aller Voraussicht nach anziehen. Das Angebot ging in den letzten 12 Monaten so stark zurück wie seit 9 Jahren nicht mehr.

Wohneigentum: Die Preise für Einfamilienhäuser sind im letzten Jahr so stark gestiegen wie letztmals vor 30 Jahren – die Nachfrage in Corona-Zeiten war enorm. Das Angebot ist in gewissen Regionen so klein, dass Interessierte kaum noch etwas finden. Da die Bautätigkeit trotz Boom abnimmt, dürften die Preise auch dieses Jahr steigen, so die Erwartung von Wüest Partner.

Geschäftsflächen: Der Markt für Büroflächen entwickelt sich dank des wachsenden Arbeitsmarktes mehr oder weniger stabil. Allerdings hat die Laufzeit der neu abgeschlossenen Mietverträge 2021 abgenommen. Unternehmen wollen flexibler sein und sich nicht mehr so lange binden. Im laufenden Jahr erwartet Wüest Partner um 0.9 Prozent tiefere Mieten.

Schweiz aktuell, 30.03.2022, 19:00 Uhr

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