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Keine Abwahl Aargauer Oberrichter nach Kritik wiedergewählt

Am Dienstag hat das Aargauer Parlament Richterinnen und Richter gewählt. Diesmal war eine Wahl spannend.

Eigentlich ist die Wahl der Behörden im Aargauer Parlament, dem Grossen Rat, eine Routinesache. Am Dienstag wurde aber die Wahl der Oberrichterinnen und Oberrichter mit Spannung erwartet, weil einer der Richter in letzter Zeit vermehrt in der Kritik stand. Der Anwaltsverband kritisierte ihn und das Bundesgericht wies mehrere Urteile zurück, die seine Kammer abgesegnet hatte.

17 Verfügungen des Bundesstrafgerichts zeigten Ende August, dass im Aargau Pflichtverteidiger zu tief entschädigt wurden. 16 von 17 Verfügungen betreffen dieselbe Strafkammer des Obergerichts, die von Jann Six präsidiert wird.

Obergerichts-Eingang
Legende: Das Aargauer Obergericht in Aarau. Die Probleme am Gericht waren im Parlament zwar Thema, lösen soll sie aber die Justizleitung, nicht die Politik, fand das Parlament. Keystone/Gaetan Bally

Das Obergericht erklärte danach, es handle sich um eine vergleichsweise tiefe Anzahl Fälle, die vom Bundesstrafgericht bemängelt wurden. Der Anwaltsverband hingegen forderte in diversen Medien, dass der Gerichtspräsident der betroffenen Kammer abgewählt werden müsse, er reduziere die Entschädigungen der Pflichtverteidiger willkürlich und mit System.

Parlament blieb vorsichtig

Am Dienstag musste das Parlament die heikle Frage klären, ob es den kritisierten Oberrichter Jann Six wiederwählt. Six wurde mit 113 Stimmen wiedergewählt. Das ist verglichen mit anderen Wahlresultaten der Oberrichter das schlechteste Resultat, aber es liegt weit über dem absoluten Mehr. Alle vorgeschlagenen Richterinnen und Richter wurden gewählt oder wiedergewählt.

Die Diskussion im Rat war eher bescheiden. Der Grüne Grossrat Markus Dietschi mahnte, die Bundesstrafgerichtsurteile, die das Obergericht korrigierten, müssten aufgearbeitet werden. Die SVP-Fraktion argumentierte, die Gesamterneuerungswahlen hätten zwar zu reden gegeben, man unterstütze aber die vorgeschlagenen Personen, sie seien alle qualifiziert. Damit stellte sie sich hinter «ihren» SVP-Richter Jann Six.

Wer soll eingreifen?

Der Präsident der Justizkommission des Parlaments, Rolf Haller, sagte gegenüber SRF, es sei momentan nicht Aufgabe des Parlaments, Personen abzuwählen. Es gehe ums Tagesgeschäft, das liege in der Verantwortung der Justizleitung. Seine Kommission werde den Kontakt zur Justizleitung weiterhin suchen und habe ein weiteres Treffen vereinbart. Man hoffe auf eine interne Lösung von möglichen Problemen.

Man will ein parteipolitisches Hick-Hack verhindern.
Autor: Barbara Mathys SRF-Redaktorin

Das Parlament sei grundsätzlich vorsichtig, sagt SRF-Redaktorin Barbara Mathys. «Man will ein parteipolitisches Hick-Hack verhindern. Wenn die Situation eskalieren würde, und Richterinnen und Richter wegen ihrer Parteizugehörigkeit kritisiert würden, hätte man Verhältnisse wie in zum Beispiel in den USA, das wollte man im Aargau verhindern.»

Regionaljournal Aargau Solothurn, 06.09.2022, 17:30 Uhr ; 

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