- Der Islamwissenschaftler Tariq Ramadan ist vom Genfer Strafgericht freigesprochen worden.
- Ihm wurde Vergewaltigung und sexuelle Nötigung vorgeworfen.
- Im Urteil hiess es unter anderem, dass keine physischen Beweise für die Tat vorlägen.
Die Staatsanwaltschaft hatte dem 60-jährigen Ramadan vorgeworfen, eine Frau in einer Nacht im Oktober 2008 in einem Genfer Hotelzimmer missbraucht zu haben. Die heute 57-jährige Klägerin, die in ihrer Jugend zum Islam konvertiert war, gab an, dass sie von dem Islamwissenschaftler stundenlang geschlagen, beleidigt und sexuell missbraucht worden sei.
«Keine biologischen Spuren»
Der Angeklagte beteuerte seine Unschuld. Er gab zwar zu, sich mit der Frau getroffen zu haben, bestritt jedoch eine sexuelle Beziehung. Die Ankläger hatten drei Jahre Haft gefordert, davon 18 Monate ohne Bewährung. Gegen das Urteil kann noch Berufung eingelegt werden.
Die detaillierte Darstellung der Frau sei durch keine biologischen Spuren, Verletzungen oder Videoaufnahmen des Hotels untermauert, stellte das Gericht fest. Das Gericht wies ausserdem darauf hin, dass die Klägerin kurz nach dem angeblichen Vorfall zwei Psychiater konsultiert hatte. Deren Aufzeichnungen würden die Kernpunkte der Anklage jedoch nicht belegen, hiess es. Ausserdem habe die Frau nach der besagten Nacht Nachrichten an Ramadan geschickt, die den Eindruck von Liebesnachrichten erweckten, und die sich nicht auf die Vorwürfe bezogen hätten.
Vorwürfe auch aus Frankreich
Ramadan muss sich möglicherweise auch in Frankreich vor Gericht verantworten. Im Sommer 2022 hatte die Pariser Staatsanwaltschaft einen Prozess gegen ihn wegen des Verdachts der Vergewaltigung von vier Frauen beantragt. Ramadan ist ein Enkel von Hassan al-Banna, einem Mitbegründer der Muslimbrüder. Er tritt für eine europäisch-muslimische Identität ein.