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Keine zusätzlichen Klimaziele Bürgerliche Bauernlobby setzt sich in der Agrarpolitik voll durch

  • Das Parlament einigt sich auf die Ausrichtung der Agrarpolitik in den nächsten Jahren ohne zusätzliche Klimaziele.
  • Nach der kleinen Kammer stimmte auch der Nationalrat zu, mit vielen Enthaltungen von SP, Grünen und GLP.
  • Damit wird es im Landwirtschaftsgesetz weder einen Absenkpfad für Treibhausgase noch einen Ausbaupfad für mehr Tierwohl geben.

«Sie sind der Mehrheit gefolgt». Diesen Satz von Nationalratspräsident Martin Candinas musste sich die rot-grüne Fraktion auch am zweiten Tag der Agrardebatte fast durchwegs anhören. Und zwar beim Versuch, mit nicht weniger als 19 Minderheitsanträgen noch etwas ökologisch auf die Entscheide des Ständerats aus der Wintersession einzuwirken.

Vergeblich. Nach mehrstündigen Beratungen an zwei Tagen brachte der Nationalrat die künftige Agrarpolitik (AP22+)  unter Dach. Mit 129 zu einer Stimme – bei 65 Enthaltungen von SP, Grünen und GLP.

Kein Gehör für weitere Ziele bei Treibhausgas und Tierwohl

Anträge für ökologische Anliegen fanden praktisch kein Durchkommen. Ins Landwirtschaftsgesetz kommen weder ein Absenkpfad für Treibhausgase noch ein Ausbaupfad für mehr Tierwohl. Bei der Absatzförderung wollten SP, Grüne und GLP eine klima- und tierfreundliche Produktion berücksichtigen. Damit kamen sie aber ebenso wenig durch wie mit Anträgen, die Absatzförderung auf pflanzliche Produkte zu beschränken respektive abzuschaffen.

Unter dem Punkt Produktionssicherheitsbeiträge lehnte der Nationalrat Minderheitsanträge für besonders klimafreundliche Betriebe sowie Gelder für die gezielte Förderung der Tiergesundheit ab. Auch der schon mehrfach abgelehnte «Hörnerfranken» fiel erneut durch, mit dem Rot-Grün und GLP die höheren Haltungskosten für behornte Tiere doch noch berücksichtigen wollten.

Verbandsbeschwerde nicht weiter geschwächt

Geeinigt haben sich die Räte auf die vom Bundesrat beantragte Regelung der Verbandsbeschwerde bei der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln. Dies glückte, weil sich im Nationalrat eine Minderheit um Kathrin Bertschy (GLP/BE) mit 100 zu 92 Stimmen durchsetzte. Die Mehrheit der Kommission wollte zwecks kürzerer Verfahren den Umweltorganisationen eine Mitsprache nur bei erstmaligen Bewilligungen und bei gezielten Überprüfungen einräumen.

Ergänzend zum Ständerat fügte der Nationalrat eine Bestimmung für den Einsatz von Organismen gegen Schädlinge ins Gesetz ein, über welche die kleine Kammer noch entscheiden muss.

Sozialversicherungsschutz geregelt

Diese Beschlüsse bilden die zweite Etappe der Umsetzung der AP22+. Der erste Schritt waren bereits beschlossene Massnahmen für weniger Risiken durch Pestizide, die derzeit umgesetzt werden und schärfere Auflagen bringen. Die dritte Etappe soll eine tiefergehende Reform ab 2030 sein – mit Blick auf das gesamte Ernährungssystem.

Die Räte genehmigten zudem wirtschaftliche und soziale Neuerungen für die Landwirtschaft: Beim Abschluss von Ernteversicherungen, die Risiken wie Trockenheit und Frost abdecken, soll der Bund höchstens 30 Prozent der Prämien beisteuern können. Eine der Voraussetzungen für Direktzahlungen an Landwirte ist neu der persönliche Sozialversicherungsschutz für regelmässig im Betrieb mitarbeitende Personen wie Ehegatten oder Partnerinnen und Partner.

SRF Nachrichten, 09.03.2023, 12 Uhr ; 

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