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Warum vor 1978 unehelich Geborene beim Erbe leer ausgehen
Aus Rendez-vous vom 18.04.2024. Bild: KEYSTONE/Christian Beutler
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Keinen Rappen Erbe vom Vater Bundesgericht bestätigt Erbpraxis für uneheliche Kinder

Wer vor 1978 unehelich geboren wurde, ist nicht automatisch Erbe des Vaters. Das entscheidet das Bundesgericht.

Das Bundesgericht hat ein bemerkenswertes Leiturteil gefällt, von dem tausende Personen in der Schweiz betroffen sein dürften: Die Lausanner Richter haben bestätigt, dass vor 1978 geborene, uneheliche Kinder von der Erbschaft des Vaters ausgeschlossen sind.

Grund dafür war die bis Ende 1977 geltende Zahlvaterschaft. Der zufolge bezahlte der Vater für das uneheliche Kind zwar Unterhalt, doch erbberechtigt war es nicht.

Symbolbild: Pfarrer segnet Sarg.
Legende: Stirbt der Zahlvater, hat das vor 1977 geborene, uneheliche Kind keinen Erbanspruch. Diese Praxis hat das Bundesgericht bestätigt. Keystone/Olivier Maire

Erst per Anfang 1978 wurde diese Vaterschaft zweiter Klasse abgeschafft. Doch wer vor 1978 geboren wurde, für den oder die gilt nach wie vor das alte Gesetz, wie das Bundesgericht jetzt bestätigt hat. Es gibt also keinen Erbanspruch.

Betroffener Mann fühlt sich verletzt

Im konkreten Fall geht es um ein Millionenerbe: wertvolle Bilder, ein Grundstück, Geld. Der betroffene Mann will seinen Pflichtteil, denn es steht ausser Frage, dass er das Kind des Erblassers ist. Doch er wurde 1958 unehelich geboren. Deshalb bekommt er keinen Rappen.

Einmal mehr hat ihm die Schweiz vorgeführt, dass er ein Mensch zweiter Klasse ist.
Autor: Philip Stolkin Anwalt des klagenden Mannes

Laut dem Anwalt Philip Stolkin ist der betroffene, heute 66-jährige Mann durch den Bundesgerichts-Entscheid sehr verletzt: «Einmal mehr hat ihm die Schweiz vorgeführt, dass er ein Mensch zweiter Klasse ist.»

Begründung wirkt kurios

Besonders verletzend ist die Begründung des Bundesgerichts: Es argumentiert, der Mann habe nie Vaterschaftsklage eingereicht und sei daher quasi selbst schuld. Doch das Gesetz ist in diesem Punkt klar: Der Mann hatte zu keiner Zeit die Möglichkeit, eine Vaterschaftsklage einzureichen.

Das räumt das Bundesgericht in seinem Urteil zwar ein, sagt aber, der Mann hätte es trotzdem versuchen müssen. Vielleicht hätten die Gerichte wichtige Gründe gefunden, um vom Gesetz abzuweichen.

Wohl ein Fall für den EGMR

Der Anwalt des Betroffenen findet das willkürlich und diskriminierend. Denn damit werde die Diskriminierung aus früheren Zeiten, unter welchen uneheliche Kinder oft stark litten, in die heutige Zeit getragen, so Stolkin.

Er will den Fall deshalb vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) bringen. Der Anwalt ist zuversichtlich, dass der Gerichtshof in Strassburg die Diskriminierung, dass die Schweiz uneheliche Kinder heute immer noch von Erbschaften ausschliesst, kaum so stehen lassen wird.

Dass es anders geht, zeigt übrigens Deutschland: Dort sind alle Zahlvaterschaften automatisch in normale Vaterschaften umgewandelt worden.

Info3, 18.4.2024, 12:00 Uhr;

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