Zum Inhalt springen

KI-Regulierungen Bakom-Vize: «Der Algorithmus kann diskriminieren»

Braucht es mehr Regulierungen hinsichtlich künstlicher Intelligenz (KI)? Über diese Frage wird international diskutiert. Auch die Schweiz bringt sich ein.

Ein künstlicher Schädel.
Legende: Immer mehr Entscheidungen hängen von künstlicher Intelligenz ab. KEYSTONE/DPA/A3634/Friso Gentsch

Thomas Schneider ist Vizedirektor des Bundesamtes für Kommunikation (Bakom). Als Vorsitzender des Ausschusses für künstliche Intelligenz im Europarat arbeitet er derzeit an einem europäischen Regelwerk für den Gebrauch von KI. Wie solche Gesetze aussehen könnten, erklärt er im «Tagesgespräch».

Thomas Schneider

Vizedirektor des Bundesamtes für Kommunikation

Personen-Box aufklappen Personen-Box zuklappen

Thomas Schneider ist seit 2017 Vizedirektor des Bundesamts für Kommunikation (Bakom). Zudem amtet er als Vorsitzender des Ausschusses für künstliche Intelligenz im Europarat. Schneider hat Geschichte, Volkswirtschaft und Englisch studiert.

SRF News: Wieso braucht es ein Gesetz für künstliche Intelligenz?

Thomas Schneider: Weil die Technologie neue Chancen in allen Bereichen ermöglicht. Wie beispielsweise das Management des Energieverbrauchs oder der Verkehr effizienter gestaltet werden können. Wenn man weiss, wie viele Menschen zu einer gewissen Zeit einen bestimmten Bus nehmen, dann kann man das Angebot anpassen.

Es gibt aber auch Risiken.

Es gibt aber auch Risiken. Wenn die Technologie für Zwecke missbraucht wird, die gegen Menschenrechte oder gegen unsere gesellschaftlichen Ziele sind.

Es gibt bereits gesetzliche Grundlagen, wie beispielsweise die EU-Datenschutz-Grundverordnung oder das revidierte Schweizer Datenschutzgesetz. Warum braucht es noch weitere Gesetze?

Dies stimmt. Das grundsätzlich bestehende Recht, national wie international, gilt, egal welche Technologie durch die Wirtschaft oder die Menschen verwendet wird. Das heisst, die Menschenrechtserklärung des Europarates, das Recht auf Meinungsfreiheit, das Recht auf ein Rekursverfahren, all diese Prinzipien gelten, egal wie sich KI entwickelt.

Die unterschiedlichen Arbeitsgruppen haben gefragt: Wie weit reichen die bestehenden gesetzlichen Grundlagen? Und wo gibt es Lücken, die geschlossen werden müssen?

Welche Gesetze fehlen noch?

Beispielsweise besteht eine Lücke darin, dass nicht ganz klar ist, wie das Recht auf ein faires Verfahren eingehalten werden kann. Es muss die Möglichkeit bestehen, dass eine KI anfechtbar ist. Im Hinblick auf das Strafrecht stellt sich die Frage, ob eine KI am Ende einer Entscheidungskette stehen darf.

Es muss die Möglichkeit bestehen, dass eine KI anfechtbar ist.

Ist es in Ordnung, wenn ein Computer über ein Strafmass entscheidet oder muss diese Entscheidungsmacht in letzter Instanz bei einem Menschen sein?

Der Datenschutz wird immer wieder bemängelt. Ist diese Sorge berechtigt?

Die KI ist ein Rechenmodell, die ohne Daten nicht funktionieren würde. Das Ziel ist, die Datennutzung durch die KI zu ermöglichen, aber dass die Menschen die Kontrolle über ihre eigenen Daten immer haben und über deren Verwendung mitbestimmen können.

Die Diskriminierung ist im Rahmen der künstlichen Intelligenz ein wichtiges Thema. Kann in dieser Frage ein Regelwerk etwas erreichen?

Es gibt tatsächlich diese Herausforderung, dass der Algorithmus selbst, auf unerlaubte Art und Weise, diskriminieren kann. Das Problem dabei sind meist schlechte Daten, die nicht repräsentativ sind. In diesem Fall verarbeitet das System bestehende Diskriminierungen weiter zu neuen Diskriminierungen. Unser Ziel ist es, Bestimmungen und Regulierungen auf der Ebene der Daten wie auch des Algorithmus zu finden, die diese Gefahr minimiert.

Das Gespräch führte David Karasek.

Rendez-vous, 04.05.2023, 11:30 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel