- Das Zürcher Obergericht verurteilt ein früheres Ehepaar, das seine Kinder jahrelang regelrecht gefoltert hat.
- Unter anderem wegen schwerer Körperverletzung und Freiheitsberaubung muss der Vater 16.5 Jahre ins Gefängnis, die Mutter 10.5 Jahre.
- Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig und kann ans Bundesgericht weitergezogen werden.
Von einem «jahrelangen Terrorregime» hat die Staatsanwältin während des Prozesses Ende November gesprochen. Die Eltern hätten ihre Kinder psychisch und physisch gefoltert. Am meisten litten zwei der sieben Kinder. Die Eltern sperrten sie ins Kinderzimmer ein, später teilweise ohne Licht in den ungeheizten Keller.
Nur selten durften Sohn und Tochter auf die Toilette, sie mussten sich auf dem Boden erleichtern. Die beiden Kinder waren laut Anklageschrift völlig abgemagert. Einmal musste das Mädchen ihr Erbrochenes essen, der Knabe seinen Kot. Auch wurden beide geschlagen und getreten. Der Albtraum endete erst, als die Tochter darum bettelte, in ein Heim gehen zu dürften. Die Mutter wandte sich daraufhin ans Sozialamt.
Obergericht hat keine Zweifel an der Tat
Die Verteidiger der Eltern forderten einen Freispruch. Die Mutter stritt die Vorwürfe ab und beschuldigte stattdessen ihren Exmann. Der heute 52-Jährige sei gewalttätig gewesen. Er habe die Kinder geschlagen und eingesperrt. Der Vater hingegen gab an, die Kinder nie angerührt zu haben. Das Obergericht sah es jedoch als erwiesen an, dass Vater und Mutter ihre Kinder misshandelt hatten.
Trotz Widersprüchen hätten die Kinder die Kernvorwürfe in ihren Aussagen wiederholt vorgebracht. Zudem würden diese auch von vielen Sachbeweisen und den Angaben unabhängiger Zeugen untermauert und bestätigt, sagte der Richter am Mittwochmorgen in seiner Urteilsbegründung.
Mutter war mehr als «Gehilfin»
Das Bezirksgericht hatte als erste Instanz vor etwas mehr als zwei Jahren den Vater ebenfalls zu 16.5 Jahren verurteilt. Für die Mutter hatte es 12 Jahre verhängt. Das Obergericht setzte ihre Strafe nun unter anderem deshalb tiefer an, weil es ihr den von ihrem damaligen Ehemann ausgeübten Zwang leicht verschuldensmindernd zugutehielt. Die Tatbeiträge der Mutter gingen aber weit über Gehilfenschaft hinaus, hielt der Richter weiter fest. Sie gelte als Mittäterin.
Mit dem Gerichtsurteil ist der Fall noch nicht zu Ende. Auch gegen ehemalige Mitglieder der Vormundschaftsbehörde, der früheren KESB, wird ermittelt. Bei ihnen hatten sich Nachbarn, Lehrer und Ärzte gemeldet. Sie hatten die ausgehungerten Kinder gesehen und schlugen Alarm. Die Behörden insistierten jedoch nicht, sie boten der Familie nur Gespräche und ihre Hilfe an.