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Kinosterben in der Schweiz Hat das Kino trotz Streaming-Konkurrenz noch eine Zukunft?

Kinobesuche sind seltener geworden, viele Betriebe schliessen. Der Schweizer Kinoverband bleibt optimistisch. Doch Hilfe vom Staat sei nötig.

Das Kino übt auf viele Menschen noch immer eine Faszination aus – auf jüngere und ältere: «Ich muss mir das Geld zusammenkratzen. Aber es lohnt sich», sagt ein Mann. Ein Jugendlicher meint: «Ich erinnere mich viel mehr an einen Kinobesuch als an Netflix.» Oder eine Frau sagt, sie tauche im Kino in eine andere Welt ein.

Den Kinobesuch sehen viele Menschen als Bereicherung. Und trotzdem schauen viele Leute lieber zu Hause Filme und Serien. So sind die Umsätze im letzten Jahr bei vielen Kinos deutlich eingebrochen. Beim Kino Alba in der Stadt Zürich um mehr als ein Drittel. Auch deshalb schliesst es Ende Jahr seine Türen.

Leere rote Sitze in einem Kinosaal
Legende: Die Kinosessel sind in den letzten Jahren zunehmend leer geblieben. Ivica Kljucar

Viele finden es schade, dass Kinos schliessen, gehen selbst aber kaum noch hin. Die Zukunft der Kinos sehe trotzdem nicht düster aus, sagt Edna Epelbaum, Präsidentin des Schweizer Kinoverbands: «Ich bleibe sehr optimistisch. Wir sind eine Branche von Leuten mit viel Leidenschaft. Wir werden dafür kämpfen, dass die Kinos auch in Zukunft Kulturort und Begegnungsstätte für das Publikum bleiben.»

Aber Epelbaum verneint nicht, dass viele Kinos momentan um ihr Überleben kämpfen. Deshalb brauche es Hilfe vom Staat, so Epelbaum: «Wenn wir die Diversität fördern und die Schweizer Kinolandschaft so beibehalten wollen, wie sie jetzt ist, dann ist es wichtig, dass man sich die Förderfrage stellt.»

Kinos erhalten nur wenig finanzielle Unterstützung

Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass die öffentliche Hand und die SRG Schweizer Filme mit mehr als 100 Millionen Franken im Jahr unterstützen. Die Kinos auf der anderen Seite werden kaum unterstützt, nämlich mit 2.5 Millionen. Das sagt Ivo Kummer, Leiter Sektion Film beim Bundesamt für Kultur.

Wenn schon, müssten Kantone und Gemeinden diese Förderung übernehmen. Denn wegen des Filmgesetzes kann der Bund nur Projektbeiträge sprechen. «Er kann nicht zum Beispiel Strukturbeiträge für den Erhalt und den Betrieb eines Kinos sprechen. Es geht nur immer um Projektförderung innerhalb des Kultur- und Filmschaffens.» Der Bund könne also höchstens einzelne Projekte unterstützen, beispielsweise wenn ein Kino eine Veranstaltung plane.

Im vergangenen Jahr hat die Stimmbevölkerung das neue Filmgesetz gutgeheissen . Dieses sieht einen Ausbau der Filmförderung vor. Aber ein Ausbau der Kinoförderung ist gemäss dem Bund nicht geplant. Hingegen gibt es in den Gemeinden verschiedene Beispiele dafür, wie Kinos gefördert werden: So betreibt etwa die Stadt Zürich ein eigenes Programmkino. Und auch in der Westschweiz sind etwa 20 Kinos im Besitz von Gemeinden oder Genossenschaften.

«Kino ist wie eine Religion»

Die Tendenz ist negativ: In den letzten Jahren sind die Kinoeintritte deutlich zurückgegangen. Deshalb dürften wohl nicht alle 600 Kinosäle im Land überleben. Doch am Ende ist die Branche nicht, denn die Kinobetreiberinnen und -betreiber bleiben optimistisch. An manchen Orten helfen die Gemeinden aus.

Und auch bei einer Strassenumfrage glauben die meisten Befragten ans Kino: «Ich bin sehr zuversichtlich. Die Menschen gehen gerne raus und erleben gemeinsam etwas, nicht immer nur in den eigenen vier Wänden», glaubt eine Passantin. Und ein Mann drückt es so aus: «Kino ist wie eine Religion.» Das klingt zuversichtlich. Aber letztlich entscheidet das Publikum, welche Zukunft die Kinos haben.

Rendez-vous, 17.02.2023, 12:30 Uhr ; 

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