Ein Kloster mitten in der Stadt – diese Idee klingt wie aus der Zeit gefallen. Und doch: Im Berner Mattenhofquartier ist sie seit vier Monaten Wirklichkeit.
Dann nämlich sind zehn Erwachsene und sieben Kinder in das Pfarr- und das Sigristhaus der Berner Friedenskirche gezogen. Ab Sommer 2024 werden sie auch die Verantwortung für das Kirchengebäude und das Kirchgemeindehaus übernehmen. Soweit die Kurzfassung. Und nun, wie es dazu kam – erzählt in zehn fiktiven Geboten:
1. Verbinde dich mit Gleichgesinnten
Am Anfang war bei ein paar befreundeten Berner Familien der Wunsch, den christlichen Glauben in einer Gemeinschaft zu leben. «Wir wollen einen Ort schaffen, wo Wohnen, Arbeiten und Glauben zusammenkommen», sagt Klosterbewohner Simon Gyger.
2. Suche dir Vorbilder
Inspiration fand die christliche Gruppe – die meisten sind reformiert – im Stadtkloster Segen in Berlin, das bereits seit 2007 besteht.
Es ist ein Ort der Stille und Begegnung, für Einheimische und Durchreisende.
3. Nutze die Gelegenheit
Die Gemeinschaft in Bern machte sich auf die Suche nach einem passenden Ort und kam ziemlich schnell auf die Friedenskirche. Dieser drohte schon länger die Schliessung, weil ihr Unterhalt zu teuer ist.
Darum war die Kirchgemeinde Frieden der Klosteridee sofort zugetan. Christian Walti, Pfarrer in der Friedenskirche, sagt: «Verglichen mit dem Gedanken, dass die Kirche einfach verkauft und für etwas anderes genutzt wird, finde ich das Stadtkloster eine Superidee.»
4. Zögere nicht
Die Kirchgemeinde Frieden stellte dem Stadtkloster vorerst das Pfarr- und das Sigristhaus zur Verfügung und die Gemeinschaft zog kurzerhand ein – ohne konkret zu wissen, was daraus wird.
5. Schaffe Rituale
Nun leben seit rund vier Monaten drei Familien, ein Paar und zwei Einzelpersonen dort. Und weil die Erwachsenen momentan noch alle auswärts arbeiten (etwa als Sozialarbeiterin, Architekt oder Video-Künstler), haben sie Rituale geschaffen.
Immer montags treffen sie sich zum gemeinsam Znacht. Dreimal wöchentlich gibts ein öffentliches Nachtgebet mit einer einfachen Liturgie. Daneben lädt die Gruppe regelmässig zur gemeinsamen Bibellektüre ein.
6. Erstelle einen Businessplan
Nächsten Sommer übernehmen die Stadtkloster-Leute das Kirchengebäude und das Kirchgemeindehaus. Das heisst: Der gesamte Unterhalt liegt in ihren Händen.
Und weil sie die anfallenden Kosten nicht mit Kirchensteuern bezahlen können, müssen sie für Einkommen sorgen, etwa Mieterinnen und Mieter für die diversen Räume organisieren und Sponsoren suchen.
7. Sei kreativ
Das Stadtkloster übernimmt die Kirche mit allem, was dazu gehört. Im Gegenzug muss es verschiedene Angebote für die Öffentlichkeit realisieren. Ziel der christlichen Gruppe ist es, ein möglichst breites Publikum anzulocken.
8. Bleibe offen
«Wir wollen keine abgeschottete Gemeinschaft sein», sagt Klosterbewohnerin Bettina Jans und fügt an: «Wir freuen uns, wenn Leute von aussen dazu kommen.»
9. Verzichte auf Hierarchien
Anders als traditionelle Klöster hat das Stadtkloster keine Rangordnung.
«Wir sind alle unerprobt», sagt Simon Gyger vom Stadtkloster, «jede und jeder gibt das, was er oder sie am besten kann.»
10. Bleibe dran
Am Ende zählen das Vertrauen und die Zuversicht, dass es gut kommt. Oder wie die Stadtkloster-Gemeinschaft sagt: «Gott ist mit uns.»
Mit diesen zehn fiktiven Geboten will das Stadtkloster wieder Leben in die Kirche bringen.