Zum Inhalt springen

Klima in Schweizer Städten Wie sich Schweizer Städte abkühlen wollen

Zürich testet Massnahmen gegen die zunehmende Hitze. So will die Stadt den Wärmeinsel-Effekt eindämmen.

Die Sommerhitze belastet. 2023 führte der Bund mehr als 500 Todesfälle direkt auf Hitze zurück. Besonders gravierend kann es in dicht bebauten Stadtzentren werden. Weil Beton und Asphalt die Wärme speichern, kann es nachts bis zu sieben Grad wärmer sein als auf dem Land.

Der Wärmeinsel-Effekt

Box aufklappen Box zuklappen

Die städtische Wärmeinsel beschreibt das Phänomen, dass Städte besonders nachts deutlich wärmer sind als das umliegende Land. In Zürich können es bis zu fünf bis sieben Grad Unterschied sein. Ursache sind vor allem versiegelte Flächen, dichte Bebauung, fehlende Vegetation und Abwärme von Gebäuden und Verkehr. Diese erhöhte nächtliche Hitze belastet die Gesundheit der Stadtbewohnerinnen und -bewohner, da die Erholung im Schlaf erschwert wird.

Klimamodelle zeigen, dass Hitzetage und Tropennächte in Städten wie Zürich bis Ende Jahrhundert stark zunehmen werden. Um die Folgen abzumildern, haben sich verschiedene Städte bauliche Anpassungen und Massnahmen zur Hitzeminderung vorgenommen.

Die Städte stehen deshalb vor der Herausforderung, auch unter den Folgen des globalen Klimawandels lebenswert zu bleiben. Doch die Kühlung grosser Städte ist ein Mammutprojekt, wie das Beispiel von Zürich zeigt.

Je städtischer, desto heisser

Die Zahl der Hitzetage und Tropennächte nimmt zu. Als Tropennächte bezeichnet man Nächte, in denen die Temperatur nie unter 20 Grad sinkt. Dabei gibt es grosse Unterschiede zwischen Stadt und Land. Verantwortlich dafür ist der sogenannte Wärmeinseleffekt. Messungen zeigen, dass in der Innenstadt von Zürich 2023 teilweise mehr als 25 Tropennächte registriert wurden, während es in den umliegenden Wäldern kaum welche gab.

Christine Bächtiger vom Umwelt- und Gesundheitsschutz der Stadt Zürich analysiert diese Entwicklung: «Wenn sich die Stadt in der Nacht nicht mehr abkühlen kann, starten wir am nächsten Hitzetag schon auf einem hohen Niveau. Nach mehreren Tagen häufen sich so die Tropennächte.»

Strasse mit begrünter Hausfassade
Legende: Begrünte Hausfassaden sollen rasch für weniger Hitzeabstrahlung sorgen. SRF

Um dem entgegenzuwirken, hat Zürich einen umfassenden Massnahmenkatalog erarbeitet. Neue Gebäude werden so geplant, dass kühle Luftströme in die Stadt gelangen. Asphaltstrassen werden aufgerissen, Bäume gepflanzt und Wände begrünt, damit sie weniger Wärme abstrahlen.

Hoffnungsträger Strassenbelag

In Zürich Altstetten setzt Andreas Hagenauer von Grün Stadt Zürich auf einheimische Kletterpflanzen, die schnell wachsen und die Wände effektiv abkühlen. «Während ein Baum Jahrzehnte braucht, um gross zu werden, kann eine Vertikalbegrünung schon in zwei bis drei Jahren ein grünes Gesamtbild schaffen», sagt Hagenauer.

Luftaufnahme von Strasse mit unterschiedlich hellen Belägen.
Legende: Am Stadtrand testen Fachleute den neuen Strassenbelag. SRF

Am Stadtrand von Zürich wird nun eine neue Art von Strassenbelag getestet, der sich im Sommer bis zu fünf Grad weniger erhitzen soll. Nach dem Schleifen erscheint die Oberfläche heller – ein entscheidender Faktor, um die Sommerhitze zu reduzieren. «Erste Tests zeigen, dass solche aufgehellten Beläge im Sommer bis zu fünf Grad weniger erhitzen. Das wäre natürlich später das Ziel für die Innenstadt», sagt Mike Dossenbach vom Zürcher Tiefbauamt.

Umstrittene Vorschriften

Ähnliche Initiativen gibt es in diversen Regionen der Schweiz. Ganz schöpfe die Schweiz ihr Potenzial zur Hitzeminderung aber noch nicht aus, meint Michael Wagner, Professor für Architektur und Städtebau an der Universität Liechtenstein, selbst in Zürich wohnhaft: «Es braucht zuerst ein Bewusstsein der Bevölkerung und dann politischen Umsetzungswillen. Auf öffentlichen Flächen geht das relativ schnell, auf Privatgrundstücken ist es schwieriger.»

In Zürich ist der Baumbestand zuletzt gar zurückgegangen. Deshalb wurde kürzlich eine umstrittene Regel eingeführt: Grössere Bäume dürfen nicht mehr ohne Bewilligung gefällt werden – auch nicht im eigenen Garten. Dies kritisierte etwa der Hauseigentümerverband.

10vor10, 24.6.2025, 21:50 Uhr; sten

Meistgelesene Artikel