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Klimaschutz Dreckschleuder KVA: In Basel fordern Parlamentarier CO₂-Filter

Die Kehrichtverbrennungsanlage in Basel soll für den Klimaschutz aufgerüstet werden. Das fordern Parlamentarier.

Für den Klimaschutz ist das Vermeiden und Reduzieren des Treibhausgases CO₂ zentral. Von der gesamten Menge, die in Basel ausgestossen wurde, stammt rund ein Viertel aus der Kehrichtverbrennungsanlage KVA. 2021 gingen 247’786 Tonnen durch deren Kamine.

Dies soll möglichst rasch ändern, fordern zwei Parlamentsmitglieder des Kantons Basel-Stadt: In der KVA soll eine CO₂-Abscheide-Anlage installiert werden.

Ohne Lösungen für die KVA zu finden, werden wir nicht CO₂-neutral und erreichen Netto-Null nicht bis 2037.
Autor: Raffaela Hanauer Grossrätin der Grünen BS

«Ohne Lösungen für die KVA werden wir nicht CO₂-neutral und erreichen Netto-Null nicht bis 2037», sagt die Grüne Raffaela Hanauer. 2037 ist Stichdatum für das Netto-Null-Klimaziel – so entschied es die Basler Stimmbevölkerung letzten November.

Kehrichtverbrennungsanlage
Legende: Die Kehrichtverbrennungsanlage der Industriellen Werke Basel IWB. zVg / IWB Mathias Leemann

Die Abfallmenge kann nicht schnell und deutlich reduzieren. Die KVA ist zudem die wichtigste Fernwärme-Quelle für Basel. Darum fordern die beiden Parlamentsmitglieder einen neuartigen CO₂-Filter im Kamin der KVA; die Technik dafür nennt der Weltklimarat «Carbon Capture and Storage», CCS. Das CO₂ soll damit gefiltert, gesammelt und danach anderswo entsorgt werden.

Das ist eine sehr sichere Lösung. So verwandelt sich das CO₂ quasi in Gestein.
Autor: Thomas Häusler Projektleiter Klima und Energie WWF Schweiz

Wo das CO₂ sicher entsorgt werden soll, ist eine der offenen Fragen. In Norwegen beispielsweise wird es im Boden unter der Nordsee versenkt. Auf Island wird CO₂ verfestigt in Minen an Land versorgt, dies in einem Pilotprojekt mit CO₂ aus Bern.

Thomas Häusler, Projektleiter Klima und Energie beim WWF Schweiz, lobt dieses Pilotprojekt: «Das ist eine sichere Lösung. So verwandelt sich das CO₂ quasi in Gestein.» Wie zweckmässig diese CO₂-Transporte unter dem Strich sind, hänge indes auch ab von der Distanz und dem Transportmittel; es geht um grosse Mengen.

Diese CCS-Technik ist sehr aufwändig und erst in Entwicklung. In der Schweiz hat bisher noch keine KVA eine solche Anlage installiert. Das hängt auch mit den hohen Kosten zusammen und wer diese bezahlt.

Wer die Mehrkosten bezahlt, ist noch zu klären

Gemäss Verursacherprinzip könnte man die Mehrkosten für die ganze CO₂-Abscheidung auf einzelne Kehrichtsäcke umrechnen. Häusler schätzt grob, dass das etwa einen Franken pro 35-Liter-Sack ausmachen würde. In Basel würde ein Standardsack, der heute 2.30 Franken kostet, rund die Hälfte teurer. Dies dürfte heftige politische Diskussionen auslösen. Auf nationaler Ebene wird eine Recycling-Gebühr diskutiert, die auf den Kaufpreis geschlagen würde – ähnlich wie es heute bei Elektroartikeln gehandhabt wird.

Der Bund und die Abfallbranche habe vereinbart, dass als Pionierprojekt bis 2030 mindestens eine grössere CCS-Anlage in einer Schweizer KVA installiert ist. Wegen des hängigen Vorstosses gibt der Kanton Basel-Stadt momentan keine Auskunft über den aktuellen Stand der Dinge.

CCS-Anlage in Hinwil: Entscheid Ende 2024

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Konkrete Pläne bestehen bereits in Hinwil. Dort hat der Zweckverband Kehrichtverwertung Zürcher Oberland KEZO vor, 2028 eine neue Kehrichtverbrennungsanlage mit einer CO₂-Abscheidung in Betrieb zu nehmen, welche die alte KVA ablöst.

Die 36 Gemeinden des Zweckverbandes sollen im November 2024 über den Baukredit für ihre neue Kehrichtverbrennungsanlage abstimmen. Den Projektierungskredit hatte die Delegiertenversammlung vor einem Jahr einstimmig abgesegnet.

Bis zum Urnengang müsse jedoch die Finanzierung der CCS-Mehrkosten geklärt sein, sagt Neubau-Gesamtprojektleiter Steffen Schrodt: «Es kann nicht sein, dass diese Kosten an der KEZO hängen bleiben.»

In der geplanten KVA der KEZO ist die CO₂-Abscheidung integrierter Bestandteil der Anlage. Das CO₂ soll dort in flüssiger Form abtransportiert werden.

Thomas Häusler hält auch in Basel eine praktikable Lösung vor 2037 für möglich, wenn man jetzt vorwärtsmache. Und das sei dringend: «Für das Klima macht es einen riesigen Unterschied, ob eine grosse Menge CO₂ jetzt schon gestoppt wird oder erst in zehn Jahren.»

SRF1 Regionaljournal Basel, 30.05.2023, 17:30 Uhr ; 

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