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Klimaschutz in der Stadt Stadtstrassen begrünen statt befahren: Die Superblocks kommen

Grüne Quartierstrassen ohne Verkehr: Die «Superblock»-Idee aus Barcelona macht in der Schweiz Schule. Die Nase vorn hat Basel, wo jetzt Tests in zwei Quartieren eingerichtet werden.

Die Idee kommt aus verkehrsgeplagten Grossstädten wie Barcelona. Dort wurde der erste Superblock 1997 realisiert: Quartierstrassen zum Verweilen und Spazieren statt zum Durchfahren und Parkieren, grün und lebendig statt grau und ungemütlich. Zufahrt haben nur Zubringer, etwa Anwohner und Kehrichtwagen, und dies nur mit Schritttempo. Das macht inzwischen weltweit Schule, so in Berlin, Wien, Rotterdam, Bogotá oder Los Angeles.

Superblocks: grossflächige Begegnungszonen

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Das Zentrum von Barcelona ist schachbrettartig angelegt, mit quadratischen Gebäudeblocks. Für die ersten Superblocks wurden jeweils etwa neun dieser einzelnen Blocks zu einem Geviert zusammengelegt und verkehrsberuhigt.

Die Kreuzungen wurden begrünt und mit Bänken versehen. Bäume wurden gepflanzt, aber auch Topfpflanzen und Hochbeete platziert. Zudem entstanden Spielplätze und Quartiertreffpunkte.

Innerhalb dieser Superblocks dürfen nur Autos von Anwohnenden und zum Beispiel Entsorgungsfahrzeuge verkehren. Für alle gilt das Tempolimit 10 km/h, auch für Velos. Buslinien werden in der katalanischen Metropole aussen an den Superblocks vorbei geführt.

Im Schnitt leben dort 6000 Menschen in einem Superblock. Mit dieser Grössenordnung können diese Blocks mit Läden, Kindergärten et cetera wie kleine Städte funktionieren – was man braucht, ist in Fussdistanz erreichbar.

Diese Idee gefällt auch Schweizer Städten; so prüfen beispielsweise Zürich oder Luzern ihre Möglichkeiten. Basel macht jetzt Nägel mit Köpfen: Probe-Superblocks werden 2024 und 2025 in zwei Quartieren eingerichtet, dem Matthäus im Kleinbasel und dem St. Johann im Grossbasel. Teer wird dabei noch nicht aufgerissen; vorerst kommen nur mobile Elemente zum Einsatz.

Kind passiert eine Superblock-Kreuzung in Barcelona
Legende: Superblocks machen für Kinder in Barcelona das Spielen sicherer – die Quartierbewohnerschaft trifft sich auf der verkehrsbefreiten Allmend. Keystone/AFP/Josef Lago

Diese Tests sollen zeigen, wie das katalanische Vorbild auf die Verhältnisse am Rheinknie umsetzbar ist. Was sich in der Praxis bewährt, soll künftig breiter realisiert werden. Ziel ist, anhand der Erfahrungen mit den beiden Pilot-Superblocks dem Basler Parlament ein Konzept vorzulegen, das dereinst für die ganze Stadt gelten soll.

Entsprechende Forderungen aus der Bevölkerung und der Politik hat das baselstädtische Präsidialdepartement schon länger auf dem Tisch. Ausgewählt wurden diese Quartiere auch, weil es dort schon Begegnungszonen gibt, an die man anknüpfen kann.

Enttäuscht sind manche im Wettstein-Quartier, wo ebenfalls früh der Ruf nach einem Superblock laut wurde, das zunächst aber nicht zum Zug kommt. Und mit der Stadt-Verdichtung dürfte das Interesse noch zunehmen.

Ziel ist nachhaltige Entwicklung; es geht um Lebensqualität für alle.
Autor: Catherine Heinzer Ulusoy Co-Projektleiterin, Abt. Stadtentwicklung Präsidialdepartement BS

Catherine Heinzer, Co-Projektleiterin in der Abteilung Stadtentwicklung des baselstädtischen Präsidialdepartements, verweist zu Superblocks auf das Netto-Null-Ziel des Kantons bis 2037. «Wir haben sehr viele Strategien und Konzepte, die diesen Ansatz auch unterstützen – im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung, bei der es um Lebensqualität für alle geht.»

Superblock-Grafik zu Barcelona
Legende: Das Superblock-Konzept von Barcelona umfasst typischerweise jeweils drei mal drei Häuserblocks, respektive die Strassen dazwischen. EMPA

Einer der Knackpunkte sind die Parkplätze: In Superblocks ist nicht nur das Hineinfahren unerwünscht, sondern auch das Parkieren. Der öffentliche Raum soll der ganzen Bewohnerschaft dienen. Allerdings hat in Basel wie Zürich mehr als die Hälfte der Stadt-Haushalte kein eigenes Auto.

«Summeregge» in Basel
Legende: Einen kleinen Vorgeschmack auf Superblocks gab es in Basel letztes Jahr mit so genannten «Summeregge». Dabei wurden aus Parkplätzen temporär Begegnungsflächen – mit Apéro-Potenzial. zvg/Kantons- und Stadtentwicklung Basel-Stadt

Ob der Verkehr mit Superblocks ausweicht oder unter dem Strich abnimmt, ist eine der Fragen, welche die Basler Pilot-Blocks beantworten sollen. Wie diese konkret aussehen werden, wird erst bei Informationsanlässen Anfang März publiziert.

Auch Zürich ist dran

In Zürich hat die Stadtverwaltung politische Forderungen für «Quartierblöcke» auf dem Tisch, die Superblocks entsprechen. Dieses Konzept, das nur kommunale Strassen betrifft, wurde in den Richtplan aufgenommen. Laut Tiefbauamt läuft die Suche nach geeigneten Quartieren noch. Realistisch sei, 2025 erste Pilotprojekte zu realisieren.

Superblock-Velopassage in Bascelona
Legende: Für Velos sind Superblocks in Barcelona durchlässig – aber nur im Schritttempo. Maximal 10 km/h sind zulässig, damit Fussgänger sicher zirkulieren können. Keystone/LAIF/Gunnar Knechtel

Der Geograph Sven Eggimann hat in einer Studie von 2022 die neun grössten Schweizer Städte verglichen und auf Superblock-Tauglichkeit untersucht. Mit Blick auf Strassenflächen und vorhandene Grünareale sieht er in Basel und Genf das grösste Potenzial. In Basel liegt nach seinen Daten mit achtzehn Prozent umnutzbarer Strassen proportional am meisten drin – in Lugano oder Lausanne mit drei Prozent am wenigsten.

Regionaljournal Basel Baselland, 11.1.2024, 17:30 Uhr ; 

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