In der Gemeinde Köniz tendiert der Leerwohnungsanteil gegen Null. Seit 25 Jahren gäbe es in Niederscherli jedoch noch eine kleine Parzelle zu bebauen. Ein «Unort» weil «klein, dreieckig und direkt an der Hauptstrasse gelegen» sagt Markus Mosimann.
Trotzdem hat sich der Generalunternehmer ein Herz gefasst, er möchte dort ein Mini-Einfamilienhaus bauen.
Strassenlärm maximal ausblenden, Landschaft maximal betonen
Speziell an der Bauparzelle ist, die Hauptstrasse liegt rund drei Meter höher und das dazugehörige Trottoir führt wie eine Art Brücke übers Bauland. Mosimanns Bauplan sieht vor, das Familienhaus unterhalb der Strasse zu erschliessen.
So führt der Haupteingang nicht auf die Haupt-, sondern auf eine Quartierstrasse und die Kinder können bei Regen erst noch am Trockenen spielen. Nach dem Motto «das Gute maximal betonen, das Schlechte ausblenden» plant Mosimann auch die Wohnbereiche Stube, Ess- und Schlafzimmer auf der strassenabgewandten Seite.
Bauabschlag: Dem Haus fehlt der Bezug zur Strasse
Das Bauprojekt im Dorfkern von Niederscherli geniesst den Support der Nachbarschaft, 20 Anrainer und Anrainerinnen geben das Näherbaurecht. Bei der Baueingabe folgt jedoch der Hammer. Die Bau- und Planungskommission Köniz stoppt das Baugesuch, denn die «fehlende räumliche und physische Verbindung zwischen Strassenraum und Gebäude» würden dem Ortsbildtypus widersprechen.
«Im Ortsbildschutzperimeter von Niederscherli hat jedes Haus eine Adresse und den Eingang auf die Hauptstrasse» stellt Christian Burren, Vorsteher Bau und Verkehr, klar. Wenn ein einziges Haus Autofahrern und Fussgängern seinen Rücken zuwenden würde, sei das ebenso verwunderlich, wie wenn in einem Theaterpublikum eine einzige Person verkehrt herum sitze.
Ortsbildschutz bremst Verdichtung
Niederscherli ist kein Einzelfall, sondern stehe exemplarisch für die Schweiz, weiss Robert Weiner, Leiter Forschung des Immobilienberatungsunternehmens Wüst und Partner. Ein wichtiger Grund sei die Auslegung des Ortsbildschutzes. Sie variiere von Gemeinde zu Gemeinde stark. Auch hätten Gemeindebeamte innerhalb der Graubereiche der Regulierung oft einen persönlichen Einfluss auf die jeweilige Auslegung. Für Investoren von Verdichtungsprojekten sei das ein kostspieliges Risiko.
Generalunternehmer Markus Mosimann hat 34`000 Franken in sein Bauprojekt in Niederscherli investiert. Bauen wird er nicht, denn mit einer Ausrichtung auf die Hauptstrasse sei das Haus unverkäuflich: «Wir wollen unseren Kunden maximal attraktiven Wohnraum bieten und nicht maximal schlechten» sagt Mosimann.
Gemeinderat Christian Burren erwidert, in Köniz, wie auch anderswo, werde sehr wohl an der Strasse gewohnt. An der Schwarzenburgstrasse mit 18`000 Autos täglich seien im Zentrum der Gemeinde vor kurzem neue Wohnungen entstanden. Noch vor Fertigstellung seien sie allesamt vermietet gewesen: «Es gibt Leute, die so leben wollen» ist Burren überzeugt.