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Kampf gegen Prämienexplosion Nationalrat will Prämienanstieg mit Kostenzielen bremsen

Kosten- und Qualitätsziele sollen Prämien eindämmen: Nationalrat empfiehlt die Kostenbremse-Initiative zur Ablehnung.

Im Kampf gegen die steigenden Kosten im Gesundheitswesen und die Folgen für Prämienzahlerinnen und -zahler hat der Nationalrat am Mittwoch weitere Pflöcke eingeschlagen.

Eine knappe Mitte-Links-Mehrheit entschied sich nach einer fast sechsstündigen, über zwei Tage verteilten Debatte für einen indirekten Gegenvorschlag zur «Kostenbremse-Initiative» der Mitte-Partei und empfahl diese dem Volk mit 156 zu 28 Stimmen zur Ablehnung.

Mit der Lösung kann auch Gesundheitsminister Alain Berset zufrieden sein, verankerte der Rat doch entgegen seiner Kommission Kosten- und Qualitätsziele im Gesetz. Die Mitte erzielte einen Teilerfolg, auch wenn ihr Begehren im Nationalrat chancenlos blieb.

Neue Kosten- und Qualitätsziele

So soll der Bundesrat künftig nach Anhörung aller Akteure im Gesundheitswesen Kosten- und Qualitätsziele für die Leistungen für die darauffolgenden vier Jahre festlegen. Jeder Kanton kann sich daran orientieren und dies ebenfalls tun.

Kostenbremse-Initiative und Gegenvorschläge – darum geht es

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Darum geht es: Die Gesundheitskosten sind in den vergangenen Jahren im Schnitt jeweils zwischen vier und fünf Prozent gestiegen – was sich in steigenden Krankenkassenprämien zeigt. Die Mitte-Partei will diese Kosten ihrer Initiative bremsen: Wenn diese deutlich stärker steigen als die Löhne, müssen Bundesrat und Kantone konkrete Massnahmen beschliessen. Diese müssten im Folgejahr greifen, damit – so das Ziel der Initiative - die Prämien bezahlbar bleiben.

Das ist umstritten: Der Bundesrat teilt das Anliegen, ist aber gegen diesen Vorschlag. Er sei zu starr und könnte zu Rationierungen führen. Deshalb legt der Bundesrat einen indirekten Gegenvorschlag vor – mit flexibleren Kostenzielen (ursprünglich Teil des zweiten Kostendämpfungs-Pakets). Darin schlägt der Bundesrat ein jährliches, maximales Ziel für die Kosten in der Grundversicherung vor und teilt dieses auf die Kantone auf. Diese wiederum schlüsseln es je Bereich auf – sodass für das Spital, die Arztpraxen, Labors, Physiotherapie und so weiter – maximale Kostenziele stehen. Werden diese überstiegen, sollen alle Beteiligten prüfen, wann welche Massnahmen sinnvoll wären.

Das ist der aktuelle Stand: Der Nationalrat unterstützt den indirekten Gegenvorschlag mit den Kostenzielen. Demnach soll der Bundesrat nach Anhörung aller Akteure im Gesundheitswesen Kosten- und Qualitätsziele festlegen. Diese würden für die Leistungen der jeweils nächsten vier Jahre gelten. Die Kantone können sich an diesen Vorgaben orientieren und selber Ziele festlegen. Weitere Massnahmen zur Kostendämpfung sind Tarif-Eingriffe, insbesondere bei Ärztinnen und Ärzten sowie bei den Labors. Sie sollen mit den Krankenversicherern vertraglich günstigere Tarife beschliessen. Die Kostenbremse-Initiative empfiehlt der Nationalrat deutlich zur Ablehnung. Nach dem National- hat sich nun auch der Ständerat für den Gegenvorschlag zur Kostenbremse-Initiative ausgesprochen. Über die Volksinitiative selbst entschied der Rat noch nicht.

Dieser Entscheid war am Dienstag mit 94 zu 91 Stimmen bei einer Enthaltung sehr knapp ausgefallen – und kam auch zustande, weil insbesondere mehrere SVP-Mitglieder während der Abstimmung abwesend waren. Für die Kostenzielvorgaben stimmten Mitte, SP und Grüne. Auf der Verliererseite waren SVP, FDP und GLP.

Druck auf Tarmed-Reform

Die unterlegenen Fraktionen argumentierten, dass die Versorgung unter gesetzlichen Kostenvorgaben leiden könnte. Bundesrat und Mitte-Links konterten: Die Lösung sehe keinen Automatismus vor, wonach Behandlungen nicht mehr gemacht werden dürften, sobald das Kostenziel überschritten wäre.

Im Gegensatz zum Bundesrat wollte der Nationalrat aber nicht konkretisieren, was bei Überschreitung der Kostenziele passiert. Die Regierung würde in einem solchen Fall Massnahmen prüfen – etwa die Anpassung von Tarifverträgen.

Mehr Macht für Gesundheitsbehörden

Dafür beschloss der Nationalrat, dass das Kostenwachstum in der obligatorischen Krankenversicherung mit weiteren konkreten Massnahmen bei den Tarifen und den Laboranalysen gebremst werden soll.

Beispielsweise soll der Bundesrat unverzüglich überhöhte sowie nicht sachgerechte und nicht betriebswirtschaftliche Vergütungen in der Tarifstruktur Tarmed für ambulante ärztliche Behandlungen senken. Die Tarifgenehmigungsbehörde soll künftig auch für gewisse Spezialisten die Tarife senken oder die Grundversorger in bestimmten Regionen besserstellen können.

Der richtige Tarif

Damit setzten sich die Grünen mit einem Minderheitsantrag mit 105 zu 74 Stimmen durch. Überhöhte Tarife müssten ebenso angepasst werden wie zu tiefe, um Fehlanreize zu vermeiden, sagte Katharina Prelicz-Huber (Grüne/ZH). Bis zu 50 Prozent des Behandlungserfolgs hingen schliesslich auf von einer adäquaten Pflege ab. Die richtige Tarifierung sei vielleicht anfänglich vermeintlich teurer, aber am Ende billiger, wenn etwa statt der rentablen Operation eine ambulante Behandlung möglich sei.

Initiative und Gegenvorschlag kommen nun vor den Ständerat. Die Initiative «Für tiefere Prämien – Kostenbremse im Gesundheitswesen» (Kostenbremse-Initiative) dürfte auch dort chancenlos sein. Sie verlangt, dass Bundesrat, Bundesversammlung und Kantone eingreifen müssen, wenn das Kostenwachstum pro versicherte Person um einen Fünftel über der Nominallohnentwicklung läge.

In zwei Wochen debattiert der Nationalrat die Volksinitiative «Maximal zehn Prozent des Einkommens für die Krankenkassenprämien» (Prämien-Entlastungs-Initiative)» der SP.

SRF 4 News, 01.06.2022, 10:00 Uhr ; 

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