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Kostensteigerung bei Sanierung Lötschbergtunnel: Direktor des Bundesamts für Verkehr rüffelt BLS

Bei der Sanierung des Lötschberg-Scheiteltunnels sind die Kosten aus dem Ruder gelaufen. Anstelle der budgetierten 89 Mio. fordert der Baukonzern Marti AG neu 157 Millionen – eine Kostensteigerung von über 75 Prozent. Ein interner Bericht des Bahnunternehmens BLS zeigt, dass bei der Ausschreibung Fehler gemacht wurden. Dafür kritisiert der Direktor des Bundesamts für Verkehr, Peter Füglistaler, die BLS scharf.

Peter Füglistaler

Direktor Bundesamt für Verkehr

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Peter Füglistaler ist seit 2010 Direktor des Bundesamtes für Verkehr. Per Ende Juli 2024 tritt er in den Ruhestand.

SRF: Die Sanierung des alten Lötschbergtunnels kostet erst 89 Millionen, zwei Jahre später sage und schreibe 157 Mio. Das sind rund 75 Prozent mehr. Haben sie so etwas schon einmal erlebt?

Peter Füglistaler: Nein, in meiner Amtszeit hat es das lange nicht gegeben. Ich kann mich nicht erinnern, dass wir ein Projekt hatten mit einer solchen Kostenüberschreitung.

Wie konnte es so weit kommen?

Man muss sich bewusst sein: Die Sanierung eines so alten Tunnels birgt Überraschungen. Aber eine so grosse Differenz, das ist zu viel.

Sie sagen selbst: Es geht um eine Sanierung, nicht um einen neuen Tunnel. Also eine relativ einfache Angelegenheit. Man muss Schotter aus dem Tunnel herausholen und die Fahrbahn frisch betonieren.

Genau, aber es ist eine neue Methode. Mit einer gewissen Unsicherheit muss man leben. Aber eine so grosse Differenz darf es nicht geben.

Hat sich die BLS von der Baufirma Marti über den Tisch ziehen lassen?

Das kann ich nicht sagen, wie das genau passiert ist. Man regelt in einem solchen Vertrag Risiken. Und wenn man jetzt das Ergebnis sieht, hat offenbar die Baufirma die besseren Bestimmungen im Vertrag als die BLS.

Kann man das Fazit ziehen: Die BLS hat nicht gut verhandelt?

Bei einem solchen Streitfall zieht man immer ein Schiedsgericht bei, das sind Spezialisten. Und wenn die weitgehend für die Baufirma entscheiden, dann ist das Urteil eigentlich klar.

Die BLS schreibt ein Projekt aus, wie diese Sanierung des alten Lötschbergtunnels. Aber bezahlen muss am Schluss der Bund. Eine eigenwillige Aufgabenteilung.

Das ist so gesetzlich geregelt. Die gesamte Bahninfrastruktur wird vom Bund finanziert – sämtliche Gleise, sämtliche Erneuerungen. Wir besprechen mit einem Bahnunternehmen wie der BLS, welche Sanierungen dringlich sind und dieser Lötschberg-Scheiteltunnel ist dringlich. Doch dann ist es Aufgabe der BLS dieses Projekt sauber durchzuführen. Wir haben x-tausend Projekte jedes Jahr im Bahnnetz. Wir können gar nicht alles überwachen. Wir haben diese Aufgabenteilung zwischen Bund und der Bahn. Und wir sind selbstverständlich darauf angewiesen, dass diese Vergaben und diese Projekte seriös abgewickelt werden.

Aber schliesslich stellt sich die Frage: Muss die BLS dafür geradestehen? Oder zahlt der Bund so oder so, auch im Fall einer massiven Kostenüberschreitung wie jetzt?

Das ist die gesetzliche Grundlage. Der Bund ist verantwortlich für sämtliche Kosten der Bahninfrastruktur. Wenn man aber dieses Projekt von Anfang an seriös aufgegleist hätte, dann wäre wohl von Anfang an ein Kostenvoranschlag eher in der Höhe von 150 als 90 Mio. Franken realistisch gewesen. Und dann hätte man das vereinbart. Und man hätte das finanziert. Jetzt musste man diesen Umweg machen über eine schlechte Offerte, über Aufarbeitung. Das ist ausserordentlich bedauerlich.

Das Gespräch führte Nicole Frank.

«Rundschau»

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«Rundschau»

Mehr zum Thema in der « Rundschau » um 20.05 Uhr auf SRF 1.

Rundschau, 14.10.2020, 20:05 Uhr ; 

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