Wenn bewährte Therapien im Kampf gegen Krebs und andere schwere Krankheiten versagen, lässt die Schweiz ein Ausweichen auf neue Therapien zu. Ob diese allerdings von der Krankenkasse bezahlt werden, wird im Einzelfall geklärt und hängt von der Krankenkasse ab. Nun soll diese Ungleichbehandlung aufhören.
38'000 Anfragen in einem Jahr
Die Frage, ob die Krankenkasse nun bezahlt oder nicht, belastet schwerkranke Menschen und ihre Angehörigen zusätzlich, wenn sie ihre Hoffnung auf Heilung in neue Therapien oder in Behandlungen aus anderen medizinischen Bereichen setzen.
Die Fachwelt spricht in solchen Fällen von «Off Label Use» – und diese Anwendungen nehmen zu. Im Jahr 2019 waren es rund 38'000 Anfragen, wovon die Krankenkassen die meisten Therapien bezahlt haben. In 20 Prozent der Fälle lehnten sie die Gesuche ab. Eine Analyse im Auftrag des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) belegt die Ungleichbehandlung der Betroffenen und zeigt, wo es Korrekturen braucht.
Konsumentenschützerin Sara Stalder begrüsst das. «Es kann nicht sein, dass man als kranke Person von einem Sachbearbeiter oder mehreren Sachbearbeiterinnen einer Versicherungsgesellschaft abhängig ist», findet sie. «Daher braucht es eine verlässliche gesetzliche Regelung.»
Mehr Klarheit bei Beurteilung
Die Analyse zeigt auch, dass die gesetzlichen Grundlagen angepasst werden müssen. Zuständig sind Bundesrat und BAG. Die Arbeiten liefen, heisst es beim zuständigen Bundesamt.
Auch die Krankenkassen sind gemäss Analyse gefordert. Ihre Vergütungspraxis soll einheitlicher werden. Dafür braucht es etwa eine konsolidierte Einschätzung zum Nutzen einer Therapie. So soll Klarheit herrschen, wenn es zur Beurteilung des einzelnen Antrags kommt.
Gesucht: eine faire Beurteilung
Derzeit arbeiten die Krankenkassen der Schweiz daran, wie sie die Situation verbessern können. Verschiedene Ideen werden diskutiert, wie etwa das Wissen der Vertrauensärztinnen und -ärzte besser einzubeziehen und zu bündeln wäre.
Der Verband der grossen Krankenkassen plant eine Online-Plattform dafür. «Dank dieser Plattform übernehmen die Krankenversicherer erstens die Verantwortung. Zweitens gibt es den gleichen Zugang für alle – sprich eine faire Beurteilung. Und drittens eine einfache Handhabe zum Nachschlagen», sagt Curafutura-Sprecherin Simone Hinnen.
Die nächsten Monate werden den Weg weisen. Die Botschaft ist in Politik und Versicherungsbranche angekommen.