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Kraut- und Knollenfäule Vitabella statt Queen Anne: Kartoffelbauern müssen umsatteln

Der nasse Sommer macht Kartoffelbauern die Ernte zunichte. Abhilfe schaffen könnten neue, robuste Sorten.

Biobauer Heinz Höneisen steht auf einem seiner Felder in Andelfingen. Hier holt er heute mit dem Vollernter die Kartoffeln aus der Erde. Hinter dem Traktor gräbt die Maschine die Knollen aus. Auf einem Förderband werden sie nach oben transportiert. Je nach Sorte sehen die Kartoffeln, die auf dem Förderband landen, ganz unterschiedlich aus: «Vitabella ist eine ältere Sorte, die in der Schweiz angebaut wird wegen ihrer Resistenz. Die hält bis heute an. Wir haben wunderschöne Vitabellas dieses Jahr», sagt Höneisen.

Vitabella: Der Name ist Programm

Vitabella – diese Sorte macht den Biobauern in diesem nassen Jahr das Leben schön, weil die Ernte grösser ist. Sie ist widerstandsfähig gegen die Kraut- und Knollenfäule. Dieser Pilz greift die Pflanzen an, wenn es viel regnet. Und diesen Frühling und Frühsommer hat es oft und in grossen Mengen geregnet, was vielen andere Kartoffelsorten stark zusetze, wie etwa der Queen Anne, erklärt Biobauer Heinz Höneisen: «Die Queen Anne wäre eine Kartoffel, wie sie der Konsument gerne hätte, aber sie ist nicht resistent.» Dieses Jahr sei der Ertrag ein Drittel Mal so gross wie jener der Vitabella.

Ich bin nicht ein Mensch, der nicht gerne kämpft. Aber hier verliere ich einfach und das ist schwer.
Autor: Heinz Höneisen Biobauer

Viel weniger Ertrag bringt Heinz Höneisen viel weniger Geld. Schützen kann er als Biobauer seine Pflanzen kaum. Einzig Kupfer darf er spritzen, doch diesen wäscht der nächste Regen gleich wieder ab. Und so muss Heinz Höneisen ohnmächtig zuschauen, wie die Kraut- und Knollenfäule seine Kartoffeln kaputt macht: «Man kann nichts machen. Die Kupferspritzen wirken nur bremsend, nicht abtötend. Ich bin nicht ein Mensch, der nicht gerne kämpft. Aber hier verliere ich einfach und das ist schwer.»

Neue Sorten gäbe es ...

Umso wichtiger sind für Biobäuerinnen und -bauern neue Kartoffelsorten, die robust sind, genetisch so aufgestellt, dass sie der Kraut- und Knollenfäule nicht zum Opfer fallen.

Wenn ich weiterhin Kartoffeln anbauen möchte, gibt es keine andere Lösung, als auf neue Sorten zu setzen.
Autor: Heinz Höneisen Biobauer

Das «Forschungsinstitut für biologischen Landbau» arbeitet bereits seit Jahrzehnten an neuen Sorten. Auch hier im Zürcher Weinland. Wir stehen vor einem Feld, auf dem verschiedene Kartoffelsorten gepflanzt sind. Ein Testfeld erläutert Tobias Gelencsér vom Forschungsinstitut für biologischen Landbau: «Wir vergleichen neue Sorten, wir schauen, wie sie sich verhalten bezüglich Umwelteinflüssen, Krankheiten, Knollenqualität, machen Ertragserhebungen und Degustation – das ganze Programm.»

... doch die Konsumenten sind wählerisch

Es gibt bereits zehn robuste Sorten in der Schweiz. Doch diese haben sich noch nicht alle durchgesetzt auf dem Markt. Denn die Anforderungen an die Kartoffel sind hoch. Sie muss nicht nur robust sein gegen die Kraut- und Knollenfäule – sondern auch den Produzenten und Konsumentinnen gefallen, führt Andreas Bisig aus, er ist in der Geschäftsleitung von Bio Suisse: «Es sind verschiedene Faktoren wichtig. Bei Pommes frites ist der Stärkegehalt wichtig, für den Frischkonsum spielen die Grösse und Farbe eine Rolle. So wollen die Leute vor allem längliche und keine runden Kartoffeln, weil sie sich so leichter schälen lassen.»

Rote Kiste mit Kartoffeln auf einem Feld
Legende: Robuste Kartoffelsorten gäbe es, doch der Konsument ist wählerisch. (Symbolbild) IMAGO / Wolfram Weber

Diesbezüglich brauche es ein Umdenken, fordert Biobauer Heinz Höneisen. Denn viele neue, robuste Kartoffelsorten seien nun mal rund. Und er sagt: «Wenn ich weiterhin Kartoffeln anbauen möchte, und wir haben Klimaschwankungen mit solch langen Regenperioden, gibt es keine andere Lösung, als auf neue Sorten zu setzen.» Sorten wie Vitabella, die das Leben der Bio-Kartoffelbauern nicht nur verschönern, sondern schlicht ihre Existenz sichern.

Echo der Zeit, 4.9.2024, 18 Uhr;stal ; 

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