- Schweizer Rüstungsbetriebe sollen künftig auch Kriegsmaterial an 25 westliche Länder in bewaffneten Konflikten liefern dürfen, wobei der Bundesrat ein Vetorecht erhält.
- Der Ständerat hat die Änderungen im Kriegsmaterialgesetz bereinigt und ist in sämtlichen Punkten dem Nationalrat gefolgt.
- Eine breite linke Allianz hat bereits ein Referendum angekündigt.
Schweizer Rüstungsbetriebe sollen beim Export ihrer Güter weniger strenge Regeln befolgen müssen. Das will das Parlament. Der Ständerat hat die von Pro- und Kontra-Seite bezeichnete «Lex Rüstungsindustrie» nun bereinigt.
Gemäss der von einer bürgerlichen Mehrheit gezimmerten Vorlage sollen Schweizer Rüstungsbetriebe künftig auch Kriegsmaterial an 25 Länder liefern können, die sich in einem bewaffneten Konflikt befinden.
Auch die Weitergabe von Waffen soll grundsätzlich möglich sein. Der Bundesrat soll jedoch ein Vetorecht erhalten.
Veränderte geopolitische Lage
Die Schweizer Rüstungsindustrie bangt um Aufträge aus dem Ausland. Dazu kommt die Verschärfung der geopolitischen Lage. Für die Bürgerlichen ist das Grund genug, vorwärtszumachen. Mit den Lockerungen der Waffenexportregeln werde die Verteidigungsfähigkeit der Schweiz gestärkt, wiederholte Kommissionssprecherin Brigitte Häberli-Koller (Mitte/TG) im Ständerat.
Die Revision schafft verlässliche, realistische und international anschlussfähige Regeln, die verständlich und umsetzbar sind.
«Die Erlangung der Verteidigungsfähigkeit bedeutet, dass wir unsere eigene Rüstungsindustrie stärken und dafür sorgen, dass unsere Armee die notwendigen Mittel für die Verteidigung unseres Landes erhält.» Eine heimische Rüstungsindustrie könne nur existieren, wenn sie auch exportieren könne, und dies in Staaten, die ein ähnliches Exportkontrollregime kennen wie unser Land.
Länder, die systematisch Menschenrechte verletzen oder deren Exporte mit hohem Risiko von Missbrauch oder unerwünschter Weitergabe verbunden sind, sollen auch künftig ausgeschlossen sein. Damit liege nun eine gute, eine ausgewogene Lösung vor, sagte Häberli-Koller. «Die Revision schafft verlässliche, realistische und international anschlussfähige Regeln, die verständlich und umsetzbar sind.»
Verhärtete Fronten
Das sieht die Linke fundamental anders. Mit den neuen Bestimmungen sei die Schweiz nicht mehr neutral, sagte Daniel Jositsch (SP/ZH). Er verwies auf die neue Bestimmung, wonach in Zukunft direkte und indirekte Exporte von Waffen auch in Länder möglich wären, die sich im Bürgerkrieg befinden. «Sagen Sie doch einfach, wir exportieren, wenn wir wollen, und geben damit alles auf, was wir bis jetzt gewahrt haben», sagt Jositsch.
Auch Waffen in die Ukraine zu liefern, wäre weiterhin verboten. «Jetzt, nach endlosen Debatten, lockern wir diese Verschärfung des Kriegsmaterialgesetzes wieder, aber ausgerechnet die Ukraine, die unsere Hilfe wirklich nötig hätte, lassen wir irgendwo im Regen stehen», gab Marianne Binder-Keller (Mitte/AG) zu bedenken. Ihr Votum zeigte, dass sich teilweise auch bürgerliche Politikerinnen und Politiker in einem Dilemma befinden. «Dieses Dilemma müssen wir aushalten, sonst opfern wir das Prinzip der bewaffneten Neutralität», sagte Thierry Burkart (FDP/AG).
Diese Voten im Parlament zeigten einmal mehr: Die Fronten beim Thema Waffenexporte sind verhärtet. Das dürfte sich auch im Abstimmungskampf zeigen. Eine breite linke Allianz wird das Referendum gegen die Lockerungen der Ausfuhrregeln ergreifen. Daher dürfte im nächsten Sommer oder Herbst das Stimmvolk über die Änderungen des Kriegsmaterialgesetzes entscheiden.