Das Orang-Utan-Weibchen Revital lag kürzlich plötzlich tot in seinem Gehege im Zoo Basel. Das Tier hatte nur wenige Tage zuvor ein Junges geboren. Dieses sei neben der toten Mutter im Gehege gewesen – lebendig, so der Zoo Basel. Dennoch entschloss sich der Zoo, das Junge einzuschläfern. Und löste damit Entrüstung aus.
So verwies beispielsweise SP-Grossrätin Christine Keller auf einen Fall im Zoo Berlin. Anders als in Basel werde dort ein junges Äffchen, welches von der Mutter verstossen worden sei, gross gezogen. «Warum war das beim euthanasierten Jungtier im Zoo Basel nicht möglich?», fragt sie via Twitter. «Der Fall zeigt, wie nötig Grundrechte für Primaten wären!»
Damit spricht Keller die kantonale Primaten-Initiative an, über die vor einem Jahr in Basel-Stadt abgestimmt worden war und die sie unterstützt hatte. Die Initiative wollte Grundrechte für Primaten, die damit auch ein «Recht auf Leben» bekommen hätten. Die Stimmbevölkerung lehnte die Initiative zwar deutlich ab. Das Thema wurde aber über die Kantonsgrenzen hinaus kontrovers und emotional diskutiert.
In Basel hatte man schon einmal erlebt, wie ein Affe mit der Flasche aufgezogen worden war: 1959 wurde mit Goma zum ersten Mal ein Gorilla-Junges in einem europäischen Zoo geboren. Der damalige Zoo-Direktor Ernst Lang nahm die kleine Goma zu sich nach Hause und zog das Tier mit der Flasche gross.
Nun schlug der Zoo Basel einen andern Weg ein als bei Goma. Mit der Aufzucht bei Menschen habe man schlechte Erfahrungen gemacht, begründetet Zoo-Direktor Olivier Pagan den Entscheid. «Kurzfristig gibt es zwar Erfolgsaussichten. Aber langfristig ist das für das Tier ein Problem und dieses Leiden wollten wir ihm ersparen.»
Das Tier weiss nicht, ob Menschen oder die anderen Menschenaffen seine Artgenossen sind.
Das Problem sei die Prägung eines Tieres, das von Menschen aufgezogen worden sei. Zurück im Gehege, habe es nicht mehr das Gefühl, nach Hause zu kommen. «Das Tier weiss nicht, ob Menschen oder Menschenaffen seine Artgenossen sind», sagt Pagan. Es befinde sich emotional zwischen Stuhl und Bank.
Ein Schicksal, welches man auch bei Goma beobachtet hatte: Das Tier wurde nach der Aufzucht bei Menschen wieder zu den Gorillas im Zoo Basel gebracht. Dort blieb Goma während vielen Jahren eine Aussenseiterin. Gerade weil sich Menschenaffen und Menschen so ähnlich seien, sei es problematisch, wenn ein Mensch einen Menschenaffen gross ziehe, so der Zoo Basel.
Waisenhaus für Affen
Bei den Orang-Utans in Basel habe es kein anderes Weibchen gegeben, welches das Junge der verstorbenen Mutter hätte aufnehmen und stillen können, sagt Pagan. Auch in andern Zoos habe man kein solches Tier gefunden.
Zwar gibt es Aufzuchtstationen, beispielsweise in Sumatra. Aber auch da hatte der Zoo Basel Bedenken – eben gerade, weil die Tiere dort von Menschen grossgezogen werden. Allerdings machte der Zoo auch schon gute Erfahrungen mit Aufzuchtstationen: Vor einem knappen Jahr bekam der Zoo Basel ein Orang-Utan-Männchen von einem solchen Affen-Waisenhaus. Es lebe sich gut im Zoo Basel ein, so Pagan.
Die Kritik am Einschläfern des jungen Äffchens kann Pagan gut verstehen, auch wenn er sie nicht teilt. Man mache sich im Zoo ethischen Gedanken, versichert er, aber: «Es ist ein Diskurs und auf ethische Fragen gibt es keine abschliessende Antwort.»