- Gerichte sollen Mitglieder terroristischer Organisationen milder bestrafen können, wenn diese den Behörden wertvolle Informationen liefern.
- Nach dem Ständerat hat sich auch der Nationalrat dafür ausgesprochen.
- Die grosse Kammer nahm am Mittwoch oppositionslos eine Motion ihrer Rechtskommission an.
- Mit 108 zu 72 Stimmen abgelehnt hat der Nationalrat eine Motion zum selben Thema von Ständerat Claude Janiak (SP/BL), die weitergegangen wäre.
«Ich mache ihm ein Angebot, das er nicht ablehnen kann.» So wie Don Vito Corleone im Film «der Pate» sein Gegenüber überzeugen kann, ihm einen Gefallen zu machen, so handhaben es auch weltweit die Strafverfolgungsbehörden: Ein Krimineller, dem Straffreiheit gewährt wird – wer will dieses Angebot ausschlagen?
Nach geltendem Recht kann Mitgliedern krimineller Organisationen für ihre Kooperation Strafmilderung gewährt werden. Diese «kleine Kronzeugenregelung» gilt allerdings nicht für Mitglieder von Gruppierungen wie dem Islamischen Staat oder Al-Kaida.
Gericht entscheidet
Das soll nun geändert werden. Auch der Bundesrat sprach sich für eine Ausdehnung der «kleinen Kronzeugenregelung» aus. Janiaks Motion ging ihm dagegen zu weit, wie Justizministerin Simonetta Sommaruga sagte.
Der Grund: Mit der Kommissionsmotion würde in jedem Fall das Gericht über eine allfällige Strafmilderung entscheiden. Mit Janiaks Motion würde bereits die Staatsanwaltschaft entscheiden, ob die Kooperation belohnt wird. Sie könnte einem Kronzeugen also verbindlich eine Strafreduktion oder Straffreiheit zusichern, sagte Sommaruga. Das Gericht wäre an diese Zusicherung gebunden.
Ball beim Ständerat
Über die Motion der Nationalratskommission muss nun noch der Ständerat entscheiden. Janiaks Vorstoss ist vom Tisch. Die vorberatende Kommission hatte beide gutgeheissen. Sie sei sich bewusst, dass es um ein heikles Spannungsfeld zwischen rechtsstaatlichen Prinzipien und den Interessen der Strafverfolgung gehe, sagte Sprecher Karl Vogler (CSP/OW).
Auch bestehe die Gefahr, dass ein Anreiz zu Falschaussagen geschaffen werden könnte. Trotz dieser Bedenken sei die Kommission aber zum Schluss gelangt, dass die möglichen Vorteile überwögen. Es gelte, der Staatsanwaltschaft eine wirksame Waffe an die Hand zu geben.
Die Gegner von Janiaks Vorschlag monierten, damit würde das Prinzip der Rechtsgleichheit verletzt. Ausgerechnet die schlimmsten Kriminellen könnten Strafen entgehen, weil sie über wichtige Informationen verfügten, sagte Yves Nidegger (SVP/GE). Die Botschaft: «Wenn Sie über Informationen verfügen, können Sie sich freikaufen», sei eine sehr schlechte Botschaft an potenzielle Terroristen.
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Bild 1 von 7. Bekannt wurde Butch O'Hare als Namensgeber für den Chicagoer Flughafen. Weniger bekannt ist, dass sein Vater mit dem berühmten Al Capone zusammenarbeitete. Später sagte Edward O'Hare gegen den Mafiaboss aus und Al Capone wurde verhaftet. Der Verrat wurde bestraft: Eine Woche vor der Entlassung Capones wurde O'Hare erschossen. Bildquelle: Wikicommons.
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Bild 2 von 7. Die Aussagen des Mobster-Mannes Henry Hill wurden von Martin Scorcese verfilmt in «Goodfellas»: Er wurde wegen Drogenhandels und Raub mehrmals verhaftet. Weil er um sein Leben fürchtete, sagte er gegen einige seiner Mobster-Kollegen aus – es kam zu rund 50 Anklagen. Hill und seine Familie wurden in das Zeugenschutzprogramm aufgenommen. Bildquelle: Keystone.
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Bild 3 von 7. Auch Charles Manson wurde durch eine Kronzeugin zu Fall gebracht: Linda Kasabian, ein ehemaliges Mitglied seiner «Manson Family», sagte als Hauptzeugin aus, wie es zu den Morden am Ehepaar LaBianca kam. Sie selbst bekam eine Bewährungsstrafe, obwohl auch sie bei den Morden der «Family» an den Tatorten war. Bildquelle: Keystone.
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Bild 4 von 7. Der Watergate-Skandal brachte den US-Präsidenten Richard Nixon zu Fall. John Dean, Nixons Rechtsberater und beteiligt an den Vertuschungsversuchen, wechselte die Seite und wurde der Hauptbelastungszeuge gegen den Präsidenten. Er selbst wurde wegen Verschwörung, Behinderung der Justiz und Betruges der Regierung zu vier Monaten Haft verurteilt. Bildquelle: Reuters.
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Bild 5 von 7. 19 Morde gestand Salvatore «Sammy the bull» Gravano in den 1990er Jahren und musste dafür nicht ins Gefängnis. Er war einer der ranghöchsten Mobster, die je gegen ihre «Familie» aussagten. Nach einer fünfjährigen Haftstrafe kam auch er in ein Zeugenschutzprogramm, wurde wieder straffällig und im Jahr 2001 zu einer 20-jährigen Haftstrafe verurteilt. Bildquelle: Keystone/AP Photo/ABC News.
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Bild 6 von 7. In monatelangen Vernehmungen hat der im Allgäu festgenommene Mafia-Killer Giorgio Basile eine internationale Mordserie mit mindestens fünf Toten gestanden. Der 38-jährige Italiener war 1998 festgenommen worden. Das Geständnis habe «seltene Einblicke in die Strukturen der Mafia» gegeben, erklärte das bayerische Landeskriminalamt. Bildquelle: Keystone.
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Bild 7 von 7. Mehr als 800 Millionen Dollar Schmiergeld zahlte der Odebrecht-Baukonzern in den vergangenen 16 Jahren an Politiker, Manager und Beamte in Südamerika. Der Ex-Konzernchef Marcelo Odebrecht wurde deswegen ursprünglich zu 19 Jahren Haft verurteilt. Weil er und 77 seiner Manager mit den Behörden kooperieren, wurde seine Strafe auf 10 Jahre gekürzt. Bildquelle: Reuters.