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Kündigung aller Konten Vorwurf Geldwäscherei: Wenn Banken ihre Kunden melden

Die UBS kündigt einem Unternehmer alle Geschäftskonten. Später stellt sich heraus: Sie hat ihn bei der Stelle für Geldwäsche gemeldet.

Alles beginnt mit der Beantragung einer Hypothek: «Ich musste schriftlich viele Fragen beantworten. Ich habe rasch gemerkt, dass der Berater nicht versteht, was wir tun», sagt der Unternehmer Bruno Rosset.

Bruno Rosset hat 2022 ein Start-up gegründet. Er vermittelt innovative und experimentelle Krebstherapien an Ärzte in Deutschland – Behandlungen, die dort zugelassen sind. Fünf Millionen Umsatz machte er 2023. «Ich habe der UBS angeboten, dass ich vorbeikomme und die Unterlagen bringe.» Stattdessen bekam er die Kündigung aller Konten. «Ich bin extrem erschrocken. Ich hatte Angst, dass ich die Firma verliere.»

Verdacht auf Betrug

Er versuchte, eine andere Bank zu finden. «Ich habe eine Bank nach der anderen angefragt – und insgesamt 32 Absagen von Schweizer Banken bekommen.» Zwei Monate lang konnte Rossets Firma keine Löhne überweisen, Rechnungen zahlen oder Kundengelder empfangen.

Mann steht auf Balkon mit Bergblick.
Legende: Der studierte Pharmazeut hat schon viel erlebt. Bruno Rosset war im Vorstand des Pharma-Verbands Interpharma, Manager bei der Biotech-Firma Serono und hat in den Emiraten eine Reproduktionsklinik aufgebaut. SRF

«Ein Leben ohne Bankbeziehung in der Schweiz ist fast nicht möglich», sagt Bankenspezialist Peter V. Kunz, Professor für Wirtschaftsrecht an der Universität Bern. Erst vor kurzem erfuhr Rosset, dass die UBS ihn bei der Meldestelle für Geldwäscherei gemeldet hatte. In der Meldung ist der Verdacht von Wucher, Betrug und Verstoss gegen das Heilmittelgesetz aufgelistet.

Die Meldestelle für Geldwäscherei beim Bundesamt für Polizei stufte den Verdacht der UBS als begründet ein – und reichte den Fall zur Untersuchung weiter an die Staatsanwaltschaft St. Gallen.

Fedpol: «Fokus auf Schwerstkriminalität»

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Von den fast 12'000 Meldungen der Banken 2023 hat das Fedpol nur einen kleinen Teil davon an die kantonalen Staatsanwaltschaften weitergeleitet, nämlich 866. Das Fedpol schreibt: «Aufgrund des Anstiegs der Verdachtsmeldungen muss die MROS Prioritäten setzen und die Meldungen nach Risiko triagieren. Der Fokus liegt auf Schwerstkriminalität, organisierter Kriminalität, Terrorismusfinanzierung und bestimmten Formen der Wirtschaftskriminalität.»

Juristisch reingewaschen

Der Staatsanwalt untersucht den Fall – und findet: rein gar nichts. Er beerdigt den Fall Rosset mit einer Nichtanhandnahmeverfügung. Der Staatsanwalt hält fest: Rosset verstosse nicht gegen das Heilmittelgesetz, Tatbestände des Wuchers und des Betrugs seien «eindeutig nicht erfüllt». «Ich habe selten eine so klare Nichtanhandnahme-Verfügung gesehen», sagt Peter V. Kunz.

Ausschnitt eines Textdokuments mit hervorgehobener Aussage in roter Schrift.
Legende: Sowohl bei Wucher als auch bei Betrug hält der Staatsanwalt fest, die Tatbestände seien «eindeutig nicht erfüllt». srf

Rosset ist damit juristisch von den genannten Vorwürfen reingewaschen. Nach zwei Monaten ohne Bankkonto ist es ihm gelungen, bei der Commerzbank in Deutschland eines zu eröffnen – und bei der Internetbank WISE. Nach Abschluss des Verfahrens hat ihm auch die Postfinance ein Konto angeboten.

Der Schrecken über das Erlebte sitzt tief: «Ausgerechnet deine eigene Bank zeigt dich an, weil sie nicht in der Lage sind zu verstehen, was du machst.» Bruno Rosset hat die UBS schriftlich vom Bankkundengeheimnis entbunden, damit sie gegenüber SRF Auskunft geben darf. Die UBS äussert sich nur schriftlich. Zu den konkreten Vorwürfen sagt sie nichts.

Die Antwort der UBS

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Konkret schreibt die Bank: «UBS äussert sich nicht zu möglichen Kundenbeziehungen. Allfällige Meldungen an die Meldestelle MROS unterliegen einem unbefristeten Mitteilungs- beziehungsweise Informationsverbot.»

Peter V. Kunz entgegnet: «Wenn der Bankkunde auf das Kundengeheimnis verzichtet gegenüber der UBS, können sie mit der UBS ohne Weiteres reden.»

Immer mehr Kunden werden gemeldet

Der Fall des Unternehmers ist in der Schweiz kein Einzelfall. Immer öfter melden Schweizer Banken ihre Kunden beim Bundesamt für Polizei.

Was steckt hinter der hohen Zunahme der Meldungen? «Der Druck auf die Banken und die Behörden ist grösser geworden», sagt Peter V. Kunz. «Man will möglichst keine Fehler machen und sagt sich: Im Zweifel melde ich. Da kann ich zumindest sagen, ich habe alles gemacht, was ich konnte.» Die UBS schreibt: «UBS kommt ihren finanzmarktrechtlichen Pflichten stets nach und hält sich in allen Jurisdiktionen, in denen sie tätig ist, strikt an alle Gesetze und Vorschriften.»

Ein Anrecht auf ein Bankkonto gibt es in der Schweiz nicht. Selbst die Postfinance muss einem nur den Inlandzahlungsverkehr ermöglichen. Aber auch nur dann, wenn kein Verfahren läuft. Das hat Bruno Rosset auf unangenehme Art und Weise erfahren müssen.

SRF 4 News, 02.08.2024, 11:30 Uhr;stal

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