Das traditionelle Klausjagen in Küssnacht im Kanton Schwyz ist weit über die Region hinaus beliebt. Wenn jeweils am 5. Dezember um 20:15 Uhr die Lichter ausgehen, ziehen Hunderte «Iffele»-Träger mit ihren kunstvoll gestanzten Figuren und Ornamenten auf dem Kopf in einem Umzug durchs Dorf. «Trychler» und «Geisselklepfer» vervollständigen das Bild.
Zehntausende verfolgen das Spektakel. Für das Auge ist es tatsächlich ein eindrückliches Erlebnis. Und wer dann genauer hinschaut, bemerkt wahrscheinlich: Am Umzug nehmen gar keine Frauen teil. Nur Männer. So will es die Tradition.
Auch am Nachmittag beim Schülerklausjagen bietet sich fast das gleiche Bild. Kindergartenmädchen sind zwar erlaubt – kaum sind die Mädchen aber in der Schule, müssen sie den Umzug als Zuschauerinnen am Strassenrand beobachten.
Momentan ist die Gesellschaft, die wir vertreten, noch nicht bereit.
Diese Männerdomäne gibt immer wieder zu reden, hält sich aber standhaft. An der diesjährigen Generalversammlung der St. Niklausengesellschaft wurde ein Antrag, dass die Schülerinnen am Umzug teilnehmen dürfen, abgelehnt. Zum dritten Mal. Der Entscheid sei auch diesmal klar gewesen, sagt Pascal Knüsel, Präsident der St. Niklausengesellschaft: «Momentan ist die Gesellschaft, die wir vertreten, noch nicht bereit, solche Anträge anzunehmen.»
Schulbehörden sollen sich aktiv wehren
Das Festhalten an dieser Tradition stösst der neu formierten Gruppe «Chlausjagen für alle» sauer auf. «Traditionen können sich auch ändern. Wir sind heute in einer Zeit, in welcher Gleichberechtigung eine Selbstverständlichkeit sein sollte», sagt die Küssnachterin Diana Seeholzer. Die Gruppe hat deshalb einen offenen Brief verfasst und kritisiert, nebst der St. Niklausengesellschaft, vor allem die Schulbehörden.
Das kann nicht im Sinn des Gleichstellungsgesetzes sein.
Die Kinder bekommen für das Schülerklausjagen extra schulfrei. Dass die Schulmädchen nur zuschauen dürfen, sei nicht mit den Werten einer Schule vereinbar, ist die Gruppe überzeugt. Die Schulbehörde müsse realisieren, dass sie so dieses System unterstützte.
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Bild 1 von 2. Buben sind seit jeher am Schülerklausjagen unter sich. Bildquelle: SRF/Primus Ettlin.
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Bild 2 von 2. Am Nachmittag wie am Abend: Die Trychler sind männlich. Bildquelle: SRF/Primus Ettlin.
«Das kann nicht im Sinne einer Schule sein, dass man die Mädchen ausschliesst. Das ist eine Diskriminierung, und das kann nicht im Sinn des Gleichstellungsgesetzes sein», sagt Diana Seeholzer. Und fügt als klare Forderung hinzu: «Die Schule soll tätig werden. Sie soll sagen, dass sie es nicht unterstützt, dass Mädchen nicht mitlaufen dürfen.»
In Merlischachen geht's
Doch nicht die Schule, sondern die St. Niklausengesellschaft organisiert das Klausjagen. Und die bleibt dabei: Mädchen am Schülerumzug und Frauen am Klausjagen werden weiterhin auf die Zuschauerränge verbannt.
Pascal Knüsel nimmt den Gegenwind nicht so stark wahr: «Viele Küssnachterinnen haben mir gesagt, sie wollen gar nicht mitmachen. Sie seien so aufgewachsen und wollen, dass der Brauch bei den Männern bleibt.»
Doch dass es auch anders geht, zeigen die Dörfer Merlischachen und Immensee, welche auch zum Bezirk Küssnacht gehören. Da gibt es ebenfalls ein traditionelles Schülerklausjagen. Kleiner als im grösseren Küssnacht, aber fortschrittlicher. Da trychlen Buben und Mädchen seit ein paar Jahren nebeneinander her oder tragen ihre «Iffele» stolz über dem Kopf.