Die Kühe und Rinder auf der Alp Sonnegg suchen Schatten. Sie finden ihn im grossen neuen Holzstall, der mitten im grünen, hügeligen Gelände steht. Besitzerin der Alp auf rund 900 Metern über Meer ist die Korporation Unterägeri. Sie hat den Stall in den letzten Jahren vergrössert und modernisiert. Korporationsschreiber Thomas Hess sagt, man sei vor der Wahl gestanden: «Entweder man verkauft den Landwirtschaftsbetrieb oder man erneuert ihn permanent.» Die Alpwirtschaft existiere bereits über 100 Jahre.
Die Korporation benötigte zum einen mehr Platz, etwa für einen Heutransporter. Zum anderen musste der Boden im Stall erneuert werden. Der Kanton Zug forderte, dass der grössere Stall gut in die Landschaft passen müsse. Dabei müsse man auf gewisse Hügelzüge Rücksicht nehmen oder Naturgefahren respektieren, sagt Hess. «Da ist man nicht ganz frei, aber im gemeinsamen Gespräch findet man Wege.»
Veto des Kantons
Eine härtere Auseinandersetzung gab es um das Gasthaus, das zum Hof gehört. Die Korporation wollte an einem anderen Standort einen Ersatzneubau realisieren. Von dort hätte man einen herrlichen Ausblick auf den Ägerisee gehabt, schwärmt Hess. Der Kanton habe aber sein Veto eingelegt: «Beim Kanton hiess es, man wolle keinen neuen Komplex in der Landschaft.» Die Parteien hätten sich dann aber auf einen Perimeter geeinigt, in dem dann geplant worden sei.
Es waren zunehmend Bauten geplant, zu denen wir sagen mussten, das habe nichts mehr mit dem ländlichen Bauen zu tun.
Auf dem Pult von Martina Brennecke, Abteilungsleiterin Natur und Landschaft beim Amt für Raumplanung des Kantons Zug, landen jährlich rund 500 bis 600 Gesuche, die ein Projekt ausserhalb der Bauzone betreffen. In der Vergangenheit hätten sie viele Bauvorhaben stutzig gemacht, sagt Brennecke: «Das waren zunehmend Bauten, zu denen wir sagen mussten, das habe nichts mehr mit dem ländlichen Bauen zu tun.»
Leitfaden entwickelt
Ein Landwirt plante beispielsweise einen viel zu grossen Neubau für seinen Viehstall, ein anderer hätte das alte Bauernhaus gerne in ein Wohnhaus im italienischen Stil umgewandelt. Das Amt für Raumplanung sah Klärungsbedarf. Brennecke holte Vertreter des Bauernverbandes und der Gemeinden vor drei Jahren an einen Tisch. Zusammen entwickelte die Gruppe einen Leitfaden für das Bauen ausserhalb der Bauzone.
Im gemeinsamen Gespräch findet man Wege.
Die 40-seitige Broschüre beschreibt zum Beispiel, wie der neue Laufstall am besten in die Landschaft eingepasst werden kann und welche Materialien verbaut werden sollten und welche nicht. Dazu werden bereits abgeschlossene Projekte aus dem Kanton Zug angeführt. Dieser Leitfaden habe sich bewährt, sagt Brennecke. «Die Planer und Architekten wissen mittlerweile, was wir bewilligen werden und was nicht.»
Kanton Zug als Vorbild
Viele, die ein Projekt planen, nehmen heute schon bei der ersten Idee Kontakt mit dem Kanton und der Gemeinde auf. Es drängt sich die Frage auf, ob das Zuger Modell auch in anderen Kantonen funktionieren könnte. Urs Steiger, Präsident des Landschaftsschutzverbands Vierwaldstättersee, findet, der Kanton Zug arbeite in diesem Bereich tatsächlich vorbildlich. Allerdings konzentriere man sich noch zu stark auf einzelne Bauvorhaben. Die Entwicklung der Landschaft als Ganzes werde zu wenig berücksichtigt.
Angesichts dessen, was die Landschaft für die Schweiz bedeutet, muss man sich eine Neuorientierung überlegen.
Alle Kantone müssten sich viel besser überlegen, wie viele Landwirtschaftsbetriebe es in einem bestimmten Gebiet künftig überhaupt noch brauche. Sie müssten in ihrem Gebiet aktiver mit einer Landwirtschaftsplanung eingreifen, sonst drohe ausserhalb der Bauzone ein chaotischer Flickenteppich, sagt Steiger. «Angesichts dessen, was die Landschaft für die Schweiz bedeutet, muss man sich eine Neuorientierung überlegen.»
Lob für die Zusammenarbeit
Mit dem Leitfaden habe der Kanton Zug einen ersten wichtigen Schritt gemacht. Auch Thomas Hess von der Korporation Unterägeri lobt die Zusammenarbeit mit dem Amt für Raumplanung: «Der Kanton Zug ist übersichtlich, man kennt sich, und man getraut sich, einander anzusprechen.» Das sei ein sehr grosser Vorteil.
Deshalb ist Hess zuversichtlich für die anstehenden Projekte: Die Korporation will als nächstes zahlreiche Waldhütten auf ihrem Gebiet sanieren.