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Langjährige Preisabsprachen Bündner Baukartell: Harte Kritik der PUK, jedoch keine Korruption

  • Die erste parlamentarische Untersuchungskommission (PUK) in der Geschichte Graubündens übt deutliche Kritik am Kanton.
  • In einem Bericht heisst es, kantonale Mitarbeiter und Regierungsräte hätten Preisabsprachen unter Bündner Baufirmen bereits ab 2000 vermutet.
  • Der Kanton sei «nur sehr zögerlich» eingeschritten, so der Bericht.
  • Nicht erhärten liess sich der Korruptionsverdacht gegen Regierungsmitglieder und Kantonsangestellte.

Dieser Skandal erschütterte Graubünden in den letzten Jahren. Bündner Baufirmen hatten im grossen Stil Preisabsprachen getroffen. Sie entschieden, wer welches Projekt realisiert. Den Schaden hatte unter anderem die öffentliche Hand, die überhöhte Preise zahlte.

Bis heute war jedoch die Frage ungeklärt, ob kantonale Angestellte und Regierungsräte Teil des Baukartells waren und sich persönlich bereicherten. Antworten liefert jetzt ein 350-seitiger Bericht. Erstellt hat ihn eine fünfköpfige parlamentarische Untersuchungskommission.

Die aufwändigen Untersuchungen (...) ergaben keinen Hinweis darauf, dass Mitglieder der Regierung oder Mitarbeiter der kantonalen Verwaltung aktiv in die Submissionsabsprachen involviert waren.
Autor: Teilbericht der PUK Baukartell

Die PUK prüfte zum Beispiel, ob ein Bauunternehmer einem Tiefbauamt-Mitarbeiter eine Thailandreise spendiert hatte. Oder ob kantonale Mitarbeiter mit üppigen Geschenkkörben milde gestimmt wurden. Doch Beweise für solche Bestechungen fanden sich nicht.

Korruption entdeckte die Untersuchungskommission also nicht, aber eine grosszügige Informationspolitik. Das Tiefbauamt habe die Baubranche an regelmässigen Veranstaltungen relativ detailliert über die geplanten Projekte informiert. Damit habe der Kanton Absprachen einfacher gemacht.

Führungspersonen haben Dienstpflicht verletzt

Das bisher grösste Baukartell der Schweiz flog wegen eines Whistleblowers auf. Im Jahr 2012 gab der ehemalige Bauunternehmer Adam Quadroni der eidgenössischen Wettbewerbskommission die entscheidenden Hinweise.

Die Nachforschungen der PUK zeigen nun, dass der Kanton bereits im Jahr 2000 Absprachen im Strassenbau vermutete und einzelne Mitarbeiter in den Nullerjahren auch davon wussten. Doch der Kanton sei nur sehr zögerlich eingeschritten, die Massnahmen seien unzureichend gewesen.

Baustelle mit Schubkarre, Pflastersteinen und Bagger
Legende: Schon früh soll der Kanton über Absprachen gewusst haben Keystone

Spätestens 2009 hätte der Kanton unbedingt handeln müssen, kritisiert die PUK. Damals informierte der Whistleblower noch vor der Wettbewerbskommission das kantonale Tiefbauamt. Nach Meinung der PUK hätten hier übergeordnete Stellen und Personen informiert, respektive instruiert werden müssen. Diese Unterlassungen von verschiedenen Führungspersonen innerhalb des Tiefbauamtes beurteilt die PUK als Dienstpflichtverletzung.

Doch die brisanten Informationen versandeten, auch weil die Glaubwürdigkeit des Whistleblowers angezweifelt wurde. Dieses Treffen wurde nicht einmal protokolliert und der Regierungsrat wurde nicht informiert. Die PUK wertet dies als Verstösse gegen die Dienstpflicht.

1.1 Millionen Franken für die Aufarbeitung

Mit dem heute präsentierten Bericht samt Empfehlungen beendet die parlamentarische Untersuchungskommission ihre Arbeit. Die minutiöse Aufarbeitung kostet 1.1 Millionen Franken. Sie soll Fehler aufarbeiten, Transparenz herstellen und damit wieder Vertrauen in den Staat schaffen.

Welche Schlüsse die Bündner Regierung daraus zieht, zeigt sich am 10. Juni. Dann präsentiert sie eine weitere interne Untersuchung zum gleichen Thema.

SRF 4 News, 09.06.2021, 10:30 Uhr ; 

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