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Lehren aus Corona Pandemie: Es fehlte an kindsgerechter Kommunikation

Die Rechte von Kindern und Jugendlichen sollen während einer Pandemie besser gewahrt werden. Das fordert Unicef Schweiz/Liechtenstein gemeinsam mit anderen Organisationen wie Pro Juventute. Florian Hadatsch erklärt, was das Problem ist.

Florian Hadatsch

Unicef

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Florian Hadatsch ist Kinderrechtsexperte bei Unicef Schweiz/Liechtenstein.

SRF News: Wenn Sie die Erkenntnisse aus der Coronapandemie bezogen auf Kinder und Jugendliche auf einen Nenner bringen müssten: Was ist die wichtigste Erkenntnis?

Florian Hadatsch: Es hat sich gezeigt, dass Kinder und Jugendliche während der Pandemie solidarisch waren und alle Einschränkungen mitgetragen haben, auch wenn die zu starken Zusatzbelastungen für Kinder und Jugendliche geführt haben. Und trotzdem war es so, dass gerade Kinder und Jugendliche bei vielen Massnahmen häufig nicht mitgedacht und vergessen worden sind.

Mehr Anrufe bei Pro Juventute – auch von Jugendlichen

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Die Gründe für die Anrufe auf die Gratisnummer 147 durch Jugendliche würden immer dramatischer, sagt Pro-Juventute-Mediensprecherin Lulzana Musliu gegenüber SRF: «Wir haben vor allem mehr Beratungen zu selbstverletzendem Verhalten, zu Depressionen und auch zu konkreten Suizidabsichten.»

Sieben bis acht Jugendliche würden sich so täglich melden. Manchmal würden Gespräche am Telefon nicht mehr reichen, die Beraterinnen und Berater müssten dann die Polizei oder die Ambulanz aufbieten.

Ganze 74 Mal sei dies im ersten Halbjahr 2023 der Fall gewesen – sovielmal wie vorher noch nie. Gründe gebe es laut Musliu viele: «Wir haben in verschiedenen Kantonen nach wie vor lange Wartezeiten, bis ein Kind therapeutische Unterstützung bekommt, wir haben eine überlastete Versorgungssituation in der Schulsozialarbeit und wir haben eine globale Situation, die Kinder und Jugendliche herausfordert.» Musliu spricht von Ängsten rund um den Klimawandel – die Pandemie sei auch ein wichtiger Treiber dieser Ängste gewesen.

Pro Juventute selbst hat das Angebot auf der Internetseite ausgebaut, ab Mitte September ist auch die Beratung über Whatsapp möglich.

Die Unicef hat einen Katalog von Forderungen aufgestellt. Ein Punkt betrifft die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen. Wo sehen Sie den grössten Handlungsbedarf?

Viele verschiedene Untersuchungen belegen, dass Kinder und Jugendliche massiv unter der Pandemie gelitten haben. Gleichzeitig hat die Pandemie als Brennglas funktioniert. Es hat sich zum Beispiel gezeigt, dass es einen Anstieg an Beratungen zu psychischer Gesundheit gegeben hat. Und fast die Hälfte der Kinder und Jugendlichen in der Schweiz bewerteten ihre psychische Verfassung in der Pandemie schlechter als vorher.

Ein spielender Knabe auf dem Bundesplatz in Bern
Legende: Spielende Kinder auf dem Bundesplatz: Kinder und Jugendliche sollten nicht nur vor dem Bundeshaus wahrgenommen werden, sondern auch im Bundeshaus. Keystone/Peter Klaunzner

Was schlagen Sie vor, damit sich diese Situation künftig verbessert?

Es ist wichtig, dass ausreichend Angebote geschaffen werden. Es gibt lange Wartezeiten bei den Angeboten, und die Angebote sind teilweise auch nicht passend. Deshalb ist es auch wichtig, dass man mit Kindern und Jugendlichen darüber spricht, was ihre Probleme sind. Gleichzeitig muss aber auch auf Prävention und Früherkennung gesetzt werden.

Man hat gesehen: Homeschooling funktioniert. Es ist eine Möglichkeit, wie man Schulschliessungen begegnen kann. Aber sie kann nicht von einem auf den anderen Tag umgesetzt werden.

Während der Pandemie hat sich gezeigt, dass besonders Kinder aus bildungsfernen Familien mit dem Schulstoff nicht mithalten konnten. Sie sagen nun, Schulen sollten nur als letztes Mittel geschlossen werden. Welche Alternativen schlagen Sie vor?

Es ist wichtig, dass Schulen so lange wie möglich offengehalten werden. In Schulen geht es nicht nur ums Lernen, sondern Schulen sind auch ein wichtiger Ort für soziale Kontakte, die für Kinder und Jugendliche essenziell sind. Man hat gesehen: Homeschooling funktioniert. Es ist eine Möglichkeit, wie man Schulschliessungen begegnen kann. Aber sie kann nicht von einem auf den anderen Tag umgesetzt werden. Es braucht dazu zum einen Geräte für alle Kinder und Jugendlichen, aber sie müssen andererseits auch im Umgang damit geschult werden. Das trifft auch auf das Lehrpersonal zu.

Generell fordern Sie, dass Kinder und Jugendliche in einer nächsten Krise besser miteinbezogen werden, zum Beispiel bei der Kommunikation?

Kommunikation ist essenziell. Es liegt auf der Hand, dass mit Kindern und Jugendlichen, je nachdem, welches Alter sie haben, nicht gleich gesprochen werden kann wie mit Erwachsenen. Die Öffentlichkeitsarbeit vonseiten des Bundes war an die breite Öffentlichkeit gerichtet. Kinder und Jugendliche sind nicht direkt angesprochen worden. Das wäre aber wichtig, weil andere Inhalte, aber auch andere Kanäle gewählt werden müssen, um Kinder und Jugendliche zu erreichen. Besonders wichtig ist, dass dabei nicht nur informiert wird, sondern dass auch eine positive Zukunftsperspektive aufgezeigt wird.

Das Gespräch führte Brigitte Kramer.

Rendez-vous, 06.09.2023, 12:30 Uhr ; 

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