Regenbogenfahnen, Transparente, eine Mischung zwischen fröhlichem Festumzug und ernsthafter politischer Kundgebung: Seit im November 1970 in New York erstmals Schwule und Lesben zu Tausenden gegen Diskriminierung protestierten, finden an zahlreichen Orten auf der Welt Pride-Paraden statt. Meistens in grossen Metropolen – dieses Wochenende aber auch in der Zentralschweiz.
Mit Infoveranstaltungen und einem grossen Umzug durch die Luzerner Altstadt wollen Homosexuelle, Bisexuelle, Trans- und queere Menschen für ihre Rechte einstehen. Gleichzeitig gibt es «Pride Stammtische» in Altdorf, Stans, Engelberg, Schwyz und Zug.
Es geht um Sichtbarkeit ausserhalb der Grossstädte
Die Pride geht in die Provinz, 17 Jahre nachdem in Luzern letztmals eine Parade stattgefunden hat. Und das sei wichtig, sagt der Luzerner Kulturschaffende Peter Leimgruber, der 2005 Mitorganisator der damaligen Luzerner Pride war: «Es geht darum, dass wir uns auch in der Zentralschweiz hinstellen, wir Schwulen, Lesben und Menschen anderer Geschlechtsvarianten. Und dass wir der Öffentlichkeit stolz zeigen: So sind wir, so wollen wir leben – plagt uns nicht dafür».
Die Stadt Luzern habe er zwar nie als besonders konservativ wahrgenommen, sagt der 70-Jährige. Im dörflich geprägten Umland dagegen hätten es homosexuelle Menschen schwer gehabt. «Ich kannte mehrere Schwule aus dem Kanton Uri, die nach Luzern zogen, weil sie in Uri einfach nicht mehr leben konnten», erinnert er sich.
Ich kannte mehrere Schwule aus dem Kanton Uri, die in Uri einfach nicht mehr leben konnten.
In den letzten Jahren sei das Klima zwar liberaler geworden, so Leimgruber – doch noch immer gebe es Diskriminierung: «Das fängt schon dort an, wo auf dem Pausenplatz ein Knabe als ‹Schwule Sau› beschimpft wird.»
Trotz Problemen gibt es auch einiges zu feiern
Die Luzerner Pride als politische Demonstration queerer Menschen, die ihr Recht auf Gleichbehandlung einfordern – so sieht es auch die 35-jährige lesbische Severina Müller. Aber die Pride sei mehr als das. «Es ist auch eine Gelegenheit, auf Gleichgesinnte zu treffen, die man im Alltag sonst nicht einfach so findet. Ein grosses Fest.»
Die Pride ist eine Gelegenheit, auf Gleichgesinnte zu treffen. Ein grosses Fest.
Zumal es – allen Ungleichbehandlungen zum Trotz, denen die LGBTIQ*-Community noch immer ausgesetzt ist – auch einiges zu Feiern gebe: Bei der jungen Generation nämlich seien die Vorbehalte gegenüber Menschen mit anderer sexueller Orientierung oder Geschlechtsidentität ins Bröckeln geraten.
«Bei einem Klassentreffen fragte ich, wie das angekommen wäre, wenn ich mich schon als 16-Jährige als lesbisch geoutet hätte – und alle fanden, ich wäre damals wohl unter die Räder gekommen», sagt sie. Ihre 14-jährigen Schwestern erzählten ihr heute aber etwas völlig anderes: «In ihrem Umfeld spielt die sexuelle Orientierung kaum mehr eine Rolle, da werden keine Unterschiede mehr gemacht.»
Störaktionen wie 2005 dürften ausbleiben
Auch gegenüber der Pride hat sich das Klima in der Zentralschweiz gewandelt. 2005 kam es noch zu Widerstand aus reaktionären kirchlichen Kreisen: Die konservative Priesterbruderschaft rief gar zu einer Gegendemonstration auf, der sich einige Dutzend Gläubige anschlossen.
Zudem kursierten Flyer, die die Menschen dazu aufriefen, einen queeren Gottesdienst in der Franziskanerkirche mit lauten «Störgebeten» zu unterbrechen. Einen solchen Gottesdienst gibt es auch diesmal, denn auch die Landeskirchen beteiligen sich an der Luzern Pride. Widerstand dagegen ist aber nicht angekündigt.