- Der Kanton Bern kritisiert das Bundesamt für Gesundheit scharf und fordert, der Bund solle die Impflogistik an Private übertragen.
- Grund dafür ist ein am Freitagabend kurzfristig mitgeteilter Lieferengpass für den Corona-Impfstoff von Moderna.
- Die Direktorin des BAG Anne Lévy weist die Kritik entschieden zurück. «Das Problem liegt bei Moderna und nicht beim Bund.»
«Der Kanton Bern fordert den Bund auf, sich personell neu zu orientieren und die Verantwortung für das Lieferungs- und Impfprogramm Fachleuten aus der Wirtschaft zu übertragen, um einen professionellen Ablauf sicherzustellen», heisst es wörtlich in einer Mitteilung der Berner Gesundheitsdirektion.
Der Bund habe am Freitagabend den Kantonen mitgeteilt, dass die angekündigte umfangreiche Lieferung an Moderna-Impfstoff nur in sehr geringem Umfang eingetroffen sei. Und diese Mitteilung erfolge nur einen Tag, nachdem an einem Treffen von Bundesrat Alain Berset, dem BAG und allen kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren von Bundesseite mit Nachdruck verlangt worden sei, die zweite Dosis nicht mehr zur Reserve an Lager zu behalten.
Schnegg ist nachhaltig verärgert
Der Berner Gesundheitsdirektor Pierre Alain Schnegg (SVP) zeigt sich gegenüber SRF auf Nachfrage nachhaltig verärgert: «Dass es bei so einer grossen Industrie-Operation Probleme gibt, ist mir auch klar. Aber eine solche Kommunikation zerstört das Vertrauen zwischen den Akteuren der Impfkampagne, aber auch jenes der Bevölkerung in die Kampagne.»
Dennoch werde der Kanton Bern in der kommenden Woche alle geplanten Impftermine einhalten können, gleichzeitig werde aber die Terminplanung ab dem 26. April an die neuen Gegebenheiten angepasst. Schnegg sagte weiter, der Kanton Bern werde mit den Reserven für die Zweitimpfung nun vorsichtig bleiben, egal was der Bund fordere.
Auch der Präsident der Gesundheitsdirektorenkonferenz, Lukas Engelberger ärgert sich über die Verzögerungen und bestätigt, dass statt 350'000 Dosen offenbar nur 70'000 ankamen. Von der scharfen Kritik am Bund von seinem Kollegen Schnegg hält er aber wenig. Denn das Problem liege in diesem Fall beim Hersteller und nicht beim Bund: «Wir sollten uns deshalb nicht gegenseitig mit Vorwürfen eindecken, sondern uns auf die Arbeit konzentrieren.» Es dürfte aber weiterhin sinnvoll bleiben, für die Zweitimpfungen eine gewisse Reserve zu behalten. «Die Kantone dürfen nicht zu stark unter Zeitdruck gesetzt werden.»
BAG sieht Fehler klar bei Moderna
Die Direktorin des BAG, Anne Lévy, versteht einerseits den Ärger über die Lieferverzögerung: «Wir sind auch empört über die kurzfristige Lieferverzögerung vonseiten Moderna. Wir haben aber sofort interveniert und konnten so wenigstens seine Teillieferung sichern,» sagt sie gegenüber SRF.
Der Bund ist jederzeit in der Lage, die eintreffenden Lieferungen an die Kantone zu verteilen. Das Problem liegt bei Moderna.
Andererseits weist sie die Kritik des Berner Gesundheitsdirektors Schnegg am Bund und am BAG aber entschieden zurück: «Die Hersteller haben Logistikprobleme und nicht der Bund. Der Bund ist jederzeit in der Lage, die eintreffenden Lieferungen an die Kantone zu verteilen. Das Problem liegt bei Moderna.» Sie stemme sich gegen das Argument, die Impflogistik wäre in privater Hand besser aufgehoben. Den Lieferengpass habe ja ausgerechnet ein privates Unternehmen zu verantworten, sagte Lévy bei Radio SRF. Das Problem liege also beim Hersteller.
Sie bleibt aber dabei, dass die Kantone mit rund einem Drittel aktuell zu grosse Reserven für Zweitimpfungen halten. Denn wenn es bis zur Zweitimpfung einmal etwas länger dauere, sei das kein Problem. Schnellere Verimpfung bedeute aber weniger Krankheitsfälle.