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Lockerung des Shutdowns So wollen die Parteien die Schweiz wieder hochfahren

Die Corona-Umfrage der SRG zeigt klar: Die Massnahmen gegen die Verbreitung des Virus werden weiterhin mit grosser Mehrheit gestützt. Gleichzeitig wächst der Druck auf den Bundesrat, die Massnahmen zu lockern – auch von den Parteien. Heute hat auch die CVP ihre Vorstellungen präsentiert, wie der Bundesrat weiter vorgehen soll. Inlandredaktor Iwan Santoro erklärt, wie die Parteien die Schweiz wieder hochfahren wollen.

Iwan Santoro

SRF-Inlandredaktor

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Santoro arbeitet seit 2013 bei Radio SRF und ist seit 2016 in der Inland-Redaktion tätig.

SRF News: Wie stellt sich die CVP das weitere Vorgehen vor?

Iwan Santoro: CVP-Präsident Gerhard Pfister wirkte in Wortwahl und Betonung sehr magistral an der Videokonferenz. Er sagt, die Schweiz solle so schnell wie möglich und so langsam wie nötig in die Normalität zurückkehren. Dies würden nicht die Parteien entscheiden, sondern der Bundesrat unterstützt von Experten. Aber auch die CVP fordert von der Regierung eine offene und transparente Information über mögliche Ausstiegsszenarien – und das nach Ostern.

Die Forderungen der CVP im Detail

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Die CVP stellt in einem Drei-Stufen-Prinzip Forderungen. In erster Priorität soll der Bundesrat auch Kitas finanziell unterstützen – einen entsprechenden Vorschlag von Bundesrat Berset hat der Gesamtbundesrat bisher abgelehnt. Weiter sollen Corona-Tests schnellstmöglich flächendeckend eingesetzt werden. In einem zweiten Schritt verlangt die Partei einen Prämienstopp. Nach der Krise soll der Pandemie-Plan verbessert und eine nachhaltige Wirtschaft angestrebt werden. So soll die Schweiz etwa bei Medikamenten wieder unabhängiger werden. Zusammen mit der Pharmabranche soll die künftige Versorgungssicherheit garantiert werden.

Wo unterscheidet sich die CVP mit ihren Forderungen von anderen Parteien?

Sie tritt deutlich moderater auf als SVP und FDP. FDP-Exponenten wie Parteipräsidentin Petra Gössi oder Ständerat Andrea Caroni stellen sich eine Art österreichisches Modell vor, wie die Schweiz aus dem Ausnahmezustand herausfinden soll. Die SVP wiederum will, dass Geschäfte ab dem 20. April wieder öffnen. Hier vertraut die CVP dem Bundesrat nach wie vor.

SVP-Nationalrätin Martullo-Blocher mit SVP-Bundesrat Parmelin in der Frühlingssession
Legende: Als erste forderte die SVP vom Bundesrat, das Land nach dem 19. April langsam wieder hochzufahren. Inzwischen verlangen auch andere Parteien eine klare und möglichst schnelle Exitstrategie. Keystone

Bei der Unterstützung von Kitas und einem Krankenkassenprämien-Stopp nimmt die CVP eine ähnliche Position wie die SP ein. Diese fordert allerdings nach der Corona-Krise ein milliardenschweres Konjunktur- und Investitionsprogramm. Davon will die CVP nichts wissen.

Die Massnahmen des Bundesrats

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1. Das öffentliche Leben wird stillgelegt

Ansammlungen mit mehr als fünf Personen im öffentlichen Raum sind verboten. Gegenüber anderen Personen ist ein Abstand von mindestens zwei Metern einzuhalten. Die Polizei kann bei Nichteinhaltung eine Ordnungsbusse verhängen.

Öffentliche und private Veranstaltungen bleiben verboten. Alles ausser Apotheken und Lebensmittelläden bleibt geschlossen. Detailhändler beschränken die Anzahl Kunden.

Um die Angestellten besser zu schützen, sind auch Arbeitgeber verpflichtet, Ansammlungen von über fünf Personen zu verhindern.

2. Armee und Zivilschutz kommen zum Einsatz

Bis zu 8000 Armeeangehörige für Gesundheitswesen, Logistik und Sicherheit: Der Bundesrat geht davon aus, dass der Bedarf der zivilen Behörden nach Unterstützung durch die Armee in den nächsten Tagen und Wochen markant steigen wird. Er hat deshalb beschlossen, den Kantonen ein Kontingent von 850'000 Diensttagen zur Verfügung zu stellen.

Um den Gesuchen der Kantone zu entsprechen, erhöht der Bundesrat die Obergrenze für den Assistenzdienst von 800 auf 8000 Armeeangehörige. Dies gilt bis Ende Juni 2020.

Die Schweizer Armee sagt ihre Wiederholungskurse bis Ende Juni ab. Ausgeschlossen seien jene WK, die zur Unterstützung des Gesundheitswesens oder zur Unterstützung der zivilen Behörden zum Beispiel an den Grenzen eingesetzt würden. Durch die Absage könnten Ressourcen und Logistik, aber auch die Schweizer Wirtschaft geschont werden, hiess es.

3. Einschränkungen an den Grenzen

Einreisebeschränkungen gelten für Italien, Frankreich, Deutschland und Österreich sowie aus allen Nicht-Schengen-Staaten. Der Bundesrat setzt die Erteilung von Schengenvisa und nationalen Visa für Angehörige von Drittstaaten für drei Monate aus.

Die SVP hat heute gefordert, dass der Bundesrat kein Geld mehr ohne das Parlament sprechen dürfe – also keine Hilfsgelder mehr unter Notstandsrecht. Das ist de facto ein Angriff auf den eigenen Bundesrat, auf Finanzminister Ueli Maurer?

Das könnte man überspitzt so sagen. Die SVP stellt sich zwar hinter das Hilfspaket von mittlerweile 62 Milliarden Franken für die Wirtschaft, das Maurer geschustert hat. Das sei nun aber genug, heisst es. Es bestehe auch keine Dringlichkeit mehr, sagte etwa SVP-Nationalrat Alfred Heer. Falls noch mehr Geld locker gemacht werden müsste, sei wieder das Parlament am Zug. Die SVP verlangte heute noch einmal, dass der Lockdown beendet werden muss. Die Spitalkapazitäten reichten aus. Man habe genügend Reserven.

Am Mittwoch trifft sich der Bundesrat. Der Ruf nach Lockerungen wird immer lauter. Was ist zu erwarten?

Alle erwarten, dass der Bundesrat aufzeigt, wie es weitergeht. Also wie und wann die Schweiz wieder hochgefahren werden soll. Ich bin aber nicht so sicher, ob der Bundesrat noch vor den Osterferien die Katze aus dem Sack lässt. Gesundheitsminister Berset hat diese Woche jeweils das Datum vom 16. April genannt. Bis dann werde man kommunizieren, wie es weitergeht – das wäre am Donnerstag nach Ostern. Es wäre wohl psychologisch auch ungeschickt, den Leuten noch vor den wettermässig schönen Osterferien mitzuteilen, wann man gedenkt, das Land hochzufahren.

Das Gespräch führte Roger Brändlin.

Echo der Zeit vom 7.4.2020, 18 Uhr ; 

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