Wer in Regensdorf aus dem Zug steigt, sieht das Wachstum sofort. Überall ragen Baukräne und Gerüste in die Höhe. 800 Personen sind allein im letzten Jahr nach Regensdorf gezogen. Bis 2030 soll die Bevölkerung um ein Drittel wachsen.
Aber die Gemeinde im Zürcher Unterland zieht nicht nur neue Einwohnerinnen und Einwohner an. Auch grosse Firmen haben Regensdorf für sich entdeckt. Die Detailhändlerin Coop kündigte kürzlich den Bau eines neuen Verteilzentrums im nördlichen Industriegebiet an, wie der «Zürcher Unterländer» berichtete. 1500 neue Arbeitsplätze sollen dadurch entstehen.
Grundsätzlich wäre uns eine Grossbank oder eine grosse Versicherung lieber gewesen.
Ganz in der Nähe baut bereits Konkurrentin Migros ein Verteilzentrum. Und DHL und Dachser betreiben dort bereits Logistikzentren.
Logistikzentren bringen Verkehr, aber auch Jobs
Hätte Stefan Marty, Gemeindepräsident von Regensdorf, wünschen können, er hätte sich nicht die Logistikbranche ausgesucht: «Grundsätzlich wäre es uns lieber gewesen, wenn eine Grossbank ihren Hauptsitz hierhin verlegt hätte oder eine grosse Versicherung.» Das wäre steuertechnisch vermutlich interessanter gewesen und es hätte weniger Verkehr gegeben.
Schon heute gibt es nämlich auf der Wehntalerstrasse, der Hauptachse, viel Verkehr, und beim benachbarten Gubristtunnel stauen sich die Autos regelmässig. Der nahe Autobahnanschluss macht Regensdorf aber auch attraktiv für Logistikfirmen. Marty hofft, dass deren Lastwagen zu Nebenzeiten fahren. Dies sei auch in ihrem eigenen Interesse, damit ihre Fahrerinnen und Fahrer nicht im Stau stünden.
Der viele Verkehr sei der negative Aspekt der neuen Arbeitgeber. Es gebe aber auch positive, sagt Marty: «Es gibt Arbeitsplätze, vor allem auch im Tieflohnsegment.»
Manchen geht das Wachstum zu schnell
Regensdorf als Logistik-Hub – eine gute Entwicklung? Darüber sind sich die Leute im Einkaufszentrum nicht einig. Regensdorf wachse viel zu schnell, sagt etwa eine Frau, die bereits seit 50 Jahren in der Gemeinde wohnt. Die Busse seien überfüllt, Regensdorf zu lebendig. «Es ist kein Dorf mehr», sagt sie und nach einer Pause fügt sie an: «Das ist schade.»
Der Zusammenhalt der Leute ist auf der Strecke geblieben.
Weil die Gemeinde so schnell wachse, sei einiges auf der Strecke geblieben, findet ein Einwohner. «Vor allem auch der Zusammenhalt der Leute.» Dieser leide, wenn so viele Menschen aufs Mal in die Gemeinde ziehen.
Eine junge Frau, die selbst bei Coop arbeitet, widerspricht: «Ich finde es super, wenn viele Firmen hierherkommen.» Es sei gut, wenn die Gemeinde wachse. Regensdorf gefalle ihr. Nur etwas fehle noch: «Ein Freibad wäre schön, vor allem für die Kinder.» Vielleicht auch ein paar grössere Spielplätze.
Gemeinde könne das Wachstum nur schwer steuern
Bezüglich Angeboten für die Freizeit könne und müsse sich Regensdorf noch verbessern, findet auch Gemeindepräsident Stefan Marty.
Der Einfluss der Gemeinde ist ganz klein.
Das Wachstum aktiv zu steuern, sei jedoch schwierig: «Der Einfluss der Gemeinde ist ganz klein.» Viele Landstücke gehörten Privaten und sie könnten selbst entscheiden, an wen sie diese verkauften. Solange sich die Käufer beim Bauen an die Vorgaben hielten, könne die Gemeinde nicht eingreifen.
Wo möglich, habe sich die Gemeinde jedoch eingebracht. So habe man die Entwicklung beim Bahnhof Nord mit den Grundeigentümerinnen und Grundeigentümern besprochen und die Erschliessung frühzeitig geplant. Das grosse Wachstum in Regensdorf soll so verträglich wie eben möglich sein.