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Christoph Schuck: Das Verschwinden von Skigebieten
Aus Tagesgespräch vom 16.12.2022. Bild: SRF/Karoline Arn
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«Lost Ski Area Projekt» Das Ende des Skibooms und vieler Skigebiete hat längst begonnen

Immer mehr Skigebiete in der Schweiz verschwinden für immer. Deswegen solle man aber nicht in Trauer verfallen, sondern stattdessen die eigene Geschichte zelebrieren, findet ein Experte.

Da besucht ein Dortmunder Professor für Politikwissenschaft sein Lieblingsskigebiet im Wallis und sieht: Es ist weg. Nicht verschwunden sind aber seine Kindheitserinnerungen an die Winterferien.

So wurde das «Lost Ski Area Projekt» geboren. In einer Datenbank erfasste Christoph Schuck alle je gebauten Skigebiete in der Schweiz und ihre Geschichten. Und kommt zum Schluss: Über 40 Prozent sind bereits verschwunden. Was sind die Gründe?

Schnell könnte man auf den Gedanken kommen, der Klimawandel sei schuld. Die Schneeunsicherheit spielt tatsächlich oft eine Rolle. Aber es gibt zahlreiche andere Faktoren, so Schuck. In den 1970er- und 1980er-Jahren erhofften sich viele Gemeinden, mit einem eigenen Skigebiet vom Skiboom zu profitieren.

Christoph Schuck an der Ausstellung im Alpinen Museum in Bern
Legende: Christoph Schuck an der Ausstellung im Alpinen Museum in Bern SRF

Doch die Erwartungen waren oft zu hoch gesteckt. Viele der Skigebiete waren kaum rentabel. Die Gemeinden unterstützten sie weiterhin, da auch Hotels, Restaurants oder die Immobilienpreise daran gekoppelt waren. Doch irgendwann war der Preis zu hoch. So gingen oft bis zu 10 Prozent der Arbeitsplätze in den Gemeinden verloren.

Ein Beispiel für die verschwindende Skikultur

Typisch war der Aufstieg und Fall des Skigebiets Ernergalen im Wallis. 1981 entstanden drei Bahnen, 25 Jahre später besiegelt der Verwaltungsrat deren Schliessung.

Zwei leere Sessellifte, im Hintergrund ist eine Bergspitze zu sehen.
Legende: Die verlassene Bergstation der Sesselbahn Mühlebach – Chäserstatt des Skigebiets Ernergalen bei Ernen (VS) (Bild: 2007) REUTERS/Christian Hartmann

Das geschah nicht kampflos. Das Skigebiet sollte für 1 Franken erhalten, wer es weiterbetreiben wollte. So stand es in einem Inserat in der NZZ. Es fand sich tatsächlich ein britischer Investor, der gar einen Ausbau plante. Das Glück schien perfekt, dauerte aber nur kurz. Der Investor sprang ab. «Das war für die Bevölkerung ein dramatischer Moment. Diesem Abbruch zuzusehen, brachten viele nicht übers Herz», erzählt Christoph Schuck.

Skifahren ist aufwändig. Es braucht Übung, eine Ausrüstung und Abonnemente für die Lifte. Zudem wurde es zunehmend billiger, in den Urlaub zu fliegen, als Skiferien in den Bergen zu verbringen. Das Verschwinden der Lifte im Tal – sozusagen vor der Haustüre – beschleunigte die Veränderung in der Freizeitgestaltung.

Der Politikwissenschaftler, der sich auch mit der Industriegeschichte in Dortmund befasst, sagt: «In Dortmund ist man stolz auf die Industriekultur, auf die Veränderungen. In der Schweiz gibt es vor allem Trauer über den Verlust. Dieser war oft verbunden mit einem Scheitern eines langen persönlichen Einsatzes.» In vielen Gemeinden gab es Streitigkeiten um die Schliessung. Im Gegensatz zu ehemaligen Industriebauten werden alte Bergstationen kaum umgenutzt. Die Überreste der Skianlagen werden zurückgebaut, die Zeugen der Skikultur verschwinden.

Die grossen Player setzen auf Ski-Alternativen

Viele Gemeinden haben erfolgreich statt des Winter- den Sommertourismus aktiviert oder bieten Alternativen wie Schneeschuhlaufen oder Wellness an. Diese Projekte erreichen aber selten die Breite an Zusatzangeboten wie Hotels oder Restaurants, die sich in Skigebieten gebildet hatten.

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Weitere Skigebiete werden verschwinden – nicht aber der Skisport in der Schweiz, ist Christoph Schuck überzeugt. «Die grossen Skigebiete wachsen weiter, modernisieren sich, peilen noch höher gelegene Orte an», so Schuck. Und darüber ist der begeisterte Skifahrer froh.

Tagesgespräch, 16.12.22, 13 Uhr

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