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Wenn der Computer-Chip auf einmal 1000 Franken kostet
Aus Rendez-vous vom 23.03.2022. Bild: Keystone
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Mangelware Computerchips 2700 statt 10 Dollar: Chipkrise führt zu enormen Preisaufschlägen

Der aktuelle Mangel an Computerchips trifft einige Schweizer Firmen hart. Es gibt zum Teil massive Preissteigerungen.

In den Produktionsräumen der Firma Iftest in Wettingen (AG) fügen Maschinen elektronische Bauteile zu Leiterplatten zusammen. Im gleichen Raum sitzen Mitarbeitende in weissen Kitteln konzentriert an Tischen und löten von Hand kleinste Bauteile auf Computerplatinen. Ganz so produktiv, wie das auf den ersten Blick aussieht, arbeitet die Firma aktuell aber nicht.

Frau in weissem Kittel vor Computerplatine
Legende: Eine Iftest Mitarbeiterin lötet Teile auf eine Computerplatine. SRF

Der Anschein trüge, dass Iftest hier gerade auf Hochtouren produziert, sagt Verkaufsleiter und Geschäftsleitungsmitglied Peter Himsolt während eines Rundgangs durch die Produktionsräume: «Wir sind nicht mehr in der Lage, alle Produkte für unsere Kunden herzustellen.» Zentrale Bauteile würden ständig fehlen: die Mikrochips aus Asien.

Die Firma Iftest

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Legende: Produktionsraum der Firma Iftest in Wettingen SRF

Die Firma Iftest entwickelt und produziert elektronische Flachbaugruppen, Module und Geräte. Die Firma ist spezialisiert auf Industrie- und Medizinelektronik. Gegründet wurde sie 1982 als Ingenieurbüro für Testeinrichtungen. In den folgenden Jahren entwickelte sich das Unternehmen zu einem internationalen Dienstleistungsanbieter im Bereich der Fertigung elektronischer Komponenten. Iftest bechäftigt aktuell rund 300 Mitarbeitende an den Standorten Wettingen (AG) und Jaklovce in der Slowakei.

Computerchips und andere elektronische Bauteile sind schon länger global knapp. Bereits vor der Pandemie übertraf die stetig steigende Nachfrage nach den wichtigen Teilen, die in Autos, Computern und Smartphones, aber auch in Waschmaschinen, Geschirrspülern oder Stereoanlagen verbaut sind, immer wieder das Angebot. Doch die Coronapandemie hat das Problem stark verschärft. Die Gründe dafür sind vielfältig, genau wie die Folgen.

Wir bezahlen für einen Chip, der vor einem Jahr 10 Dollar gekostet hat, heute 2700 Dollar.
Autor: Peter Himsolt Geschäftsleitungsmitglied Iftest

Neben Lieferverzögerungen sind vor allem die höheren Beschaffungskosten eine Folge des Mangels, erklärt Iftest Verkaufsleiter Himsolt gegenüber SRF. Einige Komponenten kosteten ein hundert- oder gar tausendfaches des früheren Preises: «In einem konkreten Fall bezahlen wir für einen Chip, der vor einem Jahr 10 Dollar gekostet hat, heute 2700 Dollar.»

Zwischenhändler verdienen sich eine goldene Nase

Mit diesem Problem ist die Wettinger Firma Iftest nicht alleine. Stark betroffen von der Mangellage bei Mikrochips sind insbesondere die Automobilindustrie und auch Industriegiganten wie ABB spüren die Auswirkungen. Dies hängt unter anderem mit der Rolle spezieller Mittelsmänner im Chiphandel zusammen.

Wenn Firmen heute elektronische Komponenten für die Weiterverarbeitung bestellen möchten, kommen sie kaum um sogenannte Broker herum. Diese kaufen Bauteile direkt bei Produzenten, zu nach wie vor vergleichsweise günstigen Preisen. Dann verkaufen sie die Teile mit teils erheblichen Preisaufschlägen weiter. Dabei könnten die Broker sich eine goldene Nase verdienen, sagen verschiedene von SRF angefragte Firmen aus der Elektronikbranche.

Das Geschäftsmodell funktioniere, weil die Nachfrage immer vorhanden sei, erklärt Peter Himsolt: «In einem Fall hat uns ein Broker übers Wochenende 48 Stunden Zeit gegeben für eine Bestellung und den Preis danach gleich nochmal um 5 Prozent erhöht.»

Computerchips sind globale Produkte

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Legende: Auf einer elektronischen Leiterplatine sind neben den Chips hunderte weitere Teile verbaut. Keystone

Elektronische Chips, auch Halbleiter genannt, werden heute in unzähligen Produkten verbaut. Sie finden sich in Alltagsgegenständen und Heimelektronik, in Autos und Industriemaschinen und auch in Medizinalgeräten. Grob gesagt, nehmen Chips elektrische Signale auf, verarbeiten sie und leiten sie weiter. So steuern und regulieren sie verschiedenste Prozesse. In der Regel werden die Chips zusammen mit einer Vielzahl anderer elektronischer Bauteile auf Leiterplatinen verbaut.

Elektronische Chips sind ein Paradebeispiel für die globale Wirtschaft. Die einzelnen Teile der Chips kommen aus der ganzen Welt und auch der Zusammenbau der Einzelteile passiert rund um den Globus. Fachleute sprechen davon, dass ein Chip während seiner Herstellung zweimal um die Welt reist. Dadurch ist die Chip-Industrie aber auch besonders anfällig für Probleme in den Lieferketten, wie sie die Coronapandemie seit zwei Jahren verursacht.

Diese Situation führe auch zu viel Unsicherheit und Planungsproblemen. Wenn Broker Teile kurzfristig doch an eine andere Firma verkaufen, die einen höheren Preis bezahlt, dann fehlt bei Iftest ein eigentlich eingeplantes Teil für die Weiterverarbeitung. So müsse man die Produktion fast von Tag zu Tag neu planen, eine Herausforderung für Kundinnen und Kunden, für die Arbeitsprozesse und auch für die Angestellten.

Höhepunkt der Chipkrise wohl noch nicht erreicht

Sorgen bereitet Peter Himsolt, dass die Knappheit sich allenfalls noch weiter verschärfen könnte. Der Höhepunkt der Krise sei wohl noch nicht erreicht, vermutet er. Die Lage in der Elektronikverarbeitung dürfte also herausfordernd bleiben.

Dies sei umso bedauerlicher, weil die Auftragslage eigentlich sehr gut wäre. «Unsere Auftragsbücher sind so voll wie nie», sagt der Iftest Verkaufsleiter. Leider wisse man aber nie genau, was man am Ende auch wirklich ausliefern könne.

Rendez-vous 23.03.22, 12:30 Uhr;

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