Grindelwald gilt als eines der bekanntesten Bergdörfer der Schweiz. Skifahren im Winter, Wandern im Sommer – die Kulisse des Berner Oberlands lockt jährlich Hunderttausende an. Allein aufs Jungfraujoch reisen über eine Million Besucherinnen und Besucher pro Jahr.
Gemeinde will nicht noch mehr Hotelbetten
Grindelwald lebt vom Tourismus. Doch nun setzt die Gemeinde ein klares Zeichen: Ein Hotelprojekt mit rund 200 Betten wird nicht realisiert. Die Investoren haben ihre Pläne zurückgezogen, nachdem die Gemeindebehörde signalisiert hatte, dass sie das Vorhaben nicht unterstützen.
«Wir müssen die Balance zwischen wirtschaftlichem Wachstum und Lebensqualität für Einheimische wahren», sagt Gemeindepräsident Beat Bucher. «Die bestehende Infrastruktur kommt immer wieder an ihre Grenzen.» Die Bedenken in Grindelwald: Noch mehr Gäste, die Strassen, Wasserversorgung, Abfallmanagement zusätzlich belasten.
Die Stimmung in der Bevölkerung sei eindeutig, so der Gemeindepräsident: Mehr Tourismus soll es vorerst nicht geben. Für das Projekt wäre eine neue Überbauungsordnung nötig gewesen, doch eine Mehrheit in der Gemeindeversammlung wäre kaum zustande gekommen. «Das hätte keine Chance gehabt», ist sich Beat Bucher sicher.
Art und Weise überrascht Tourismusexperte
Dass Grindelwald versucht, gegen den Gästeandrang anzukämpfen, überrascht Tourismusexperte Jürg Stettler nicht: «Die Hotspots geraten immer mehr unter Druck. Nun gibt es mit Grindelwald eine Destination mehr, die versucht, die Gästeströme in den Griff zu bekommen.»
Überraschend findet der Tourismusexperte jedoch die Art und Weise, wie dies Grindelwald versucht. «Es ist eher ungewöhnlich, über die Hotelbetten den Tourismusandrang zu beschränken.» Normalerweise werde versucht, bei den Tagesgästen lenkend einzugreifen. «Ich vermute aber, dass das in Grindelwald sehr schwierig oder auch gar nicht möglich ist.» Jeder Ort sei anders, Patentlösungen gebe es nicht, betont der Experte.
Grindelwald will nun also auf die Bremse treten. Zumal der Umbau des Hotels Regina im Zentrum des Dorfes geplant wird. Dort sollen bis zu 800 Betten entstehen – es sind noch Einsprachen hängig.
«Damit ist aber die Grenze des Zumutbaren für das Dorf erreicht», sagt Gemeindepräsident Beat Bucher. Man müsse die «Kapazitätsgrenzen» im Blick behalten und sich bewusst sein, dass der Tourismus nicht einfach immer weiterwachsen könne.