Es war knapp – aber am Schluss gab es doch eine Mehrheit für die Masseneinwanderungs-Initiative. Diesen Erfolg erreichte die SVP mit einer gezielten Strategie. Auffällig ist, dass die Partei in der ersten Phase des Abstimmungskampfs moderat auftrat.
Es sei nicht darum gegangen, die SVP-Kernwähler anzusprechen. Vielmehr habe man versucht jene Leute ins Boot zu holen, «welche noch überzeugt werden müssen», sagt SVP-Chef Toni Brunner.
Das Extrablatt erinnerte an eine Umwelt-Zeitschrift
So kamen die Plakate der Ja-Kampagne für SVP-Verhältnisse eher harmlos daher, mit einem wuchernden Apfelbaum als Sujet. Und das Extrablatt der Partei, das an alle Schweizer Haushalte verteilte wurde, wirkte fast schon wie ein Umweltmagazin. Es ging darin nämlich um die Zubetonierung der Landschaft, steigenden Energieverbrauch und Verkehrsstaus als Folgen der Einwanderung.
Toni Brunner ist überzeugt, dass diese Argumente wirkten – er habe den Abstimmungskampf erlebt. Selbst Leute aus dem linken Lager hätten ihm zugeflüstert, dass die SVP in dieser Frage recht habe, sagt Brunner.
Verschärfung des Tons in Phase 2
Allerdings war der SVP auch klar, dass dies nicht reicht um die Abstimmung zu gewinnen. Um auch die eigenen Anhänger und Sympathisanten in möglichst grosser Zahl an die Urnen bringen, setzte sie auf Phase 2 der Abstimmungskampagne: Jetzt waren nicht mehr Umweltschutz und Mietpreise das Thema, jetzt spielte die SVP die Überfremdungskarte. «Bald mehr Ausländer als Schweizer» hiess es nun in den Inseraten.
Klares Ziel sei am Schluss gewesen, die «unzufriedenen Leute, die sich vielleicht eher am Stammtisch äussern und dann doch nicht abstimmen gehen» an die Urne zu bringen, bestätigt Kampagneleiter Albert Rösti. Die Rechnung ging auf.
«Eine Art Super-Mobilisierung»
Die SVP habe im richtigen Moment den Ton verschärft, analysiert auch Politikwissenschaftler Lukas Golder vom Forschungsinstitut gfs.Bern. «Das war eine Art Super-Mobilisierung.» Vor allem auf dem Land habe die Partei offensichtlich Leute über ihre Stammwählerschaft hinaus zu einem Gang an die Urne bewegt. Diese starke Mobilisierung zeigte sich auch in der hohen Stimmbeteiligung.
Und schliesslich dürfte die SVP-Initiative auch von den Fehlern der Gegenseite profitiert haben, so der Politologe weiter. Er erwähnt in diesem Zusammenhang die Aussage von EU-Kommissarin Viviane Reding, man werde eine harte Linie gegen die Schweiz fahren. Oder Ex-Bundesrätin Micheline Calmy-Rey, die erklärte, ein EU-Beitritt wäre dann doch die bessere Option. Doch: Ausländischer Druck und Diskussionen um einen EU-Beitritt – das wirkt kontraproduktiv.
Und so hat die SVP in ihrem Kernthema, der Ausländerpolitik, einen weiteren Abstimmungserfolg erzielt. Und niemand sollte überrascht sein, wenn die Volkspartei auch nächstes Jahr – im Wahlkampf für den Nationalrat – auf die Ausländerpolitik setzen wird.