Ein Apfelbaum dominiert den Abstimmungskampf um die Volksinitiative «Gegen Masseneinwanderung» der SVP. Zuerst verwendete der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse das Sujet, um die Bilateralen Verträge der Schweiz mit der EU zu symbolisieren. Dann verwendete die SVP den Baum, dessen Wurzeln nun die Schweiz zerstören.
«Strassen und Züge sind überfüllt, Mieten und Bodenpreise explodieren, die Schweiz wird zubetoniert», schreibt die SVP. Sie fordert, dass die Schweiz die Zuwanderung aus der EU wieder selbst regeln kann – und zwar mit Höchstzahlen und Kontingenten.
Zwischen den EU-27- sowie den EFTA-Staaten und der Schweiz gilt seit 2007 die uneingeschränkte Personenfreizügigkeit: Jede Person darf Arbeits- und Wohnort unter bestimmten Bedingungen frei wählen. Die Folge: Von 2008 bis 2012 sind netto 383‘000 Menschen in die Schweiz eingewandert. Die grosse Mehrheit stammt aus dem EU-Raum. Dies entspreche der Einwohnerzahl der Stadt Zürich, alarmiert die SVP.
«Asylmissbrauch und Ausländerkriminalität»
Heute sei fast jeder Vierte in der Schweiz Ausländer. Geht es in ähnlichem Ausmass weiter, werden laut der Partei in 20 Jahren rund 10 Millionen Menschen in der Schweiz leben – mit dramatischen Folgen für die Bevölkerung.
Die SVP befürchtet mehr Druck auf die Sozialwerke – Zuwanderer aus der EU könnten zunehmend Arbeitnehmer aus Drittstaaten verdrängen. Diese wiederum würden nicht in ihre Heimatländer zurückkehren, sondern die Sozialwerke belasten. Heute seien unter den Ausländern acht Prozent Arbeitslose.
Könnten Unternehmen aus unzähligen Arbeitnehmern auslesen, drücke dies automatisch auf die Löhne, ist sich die SVP sicher. Auch Asylmissbrauch und Ausländerkriminalität würden bei einer «unkontrollierten Zuwanderung» weiter steigen. Anstatt die Ursache des Problems anzugehen, finde nur eine teure Symptombekämpfung statt.
«Fachkräftemangel und Bürokratie»
Die übrigen Parteien und der Bundesrat stellen sich vehement gegen die Initiative. Sie erinnern an den Wohlstand in der Schweiz, der einem grossen Teil den bilateralen Verträgen zu verdanken sei – und genau diese würden bei einem Ja riskiert.
Es sei davon auszugehen, dass sich die EU nicht auf Nachverhandlungen der Personenfreizügigkeit einlassen würde. Die «Guillotineklausel» in den Bilateralen hätte zur Folge, dass die sechs weiteren Marktöffnungsverträge ebenfalls nichtig würden. In der Folge wäre es für Unternehmen schwieriger, die benötigten Arbeitskräfte zu rekrutieren. Zudem wären sie beim Export ihrer Güter mit neuen Hürden konfrontiert, schreiben die Gegner.
Die Probleme im Verkehr sowie auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt bestünden auch ohne die Zuwanderung. Die Lösung liege in Reformen wie den flankierenden Massnahmen oder Massnahmen gegen die Zersiedelung.
Auch vor einem drohenden Fachkräftemangel warnen die Gegner. Für Schweizer Unternehmen sei es überlebenswichtig, dass sie gut ausgebildetes Personal aus dem Ausland rekrutieren könnten.
Zudem seien die Zuwanderer keine Profiteure von Schweizer Sozialwerken – ganz im Gegenteil: Die Sozialwerke profitierten von mehr Beitragszahlern. Unter dem Strich bezahlten die Zuwanderer heute höhere Beiträge, als sie daraus beziehen.
Die Gegner sehen in der Wiedereinführung von Kontingenten auch einen massiven bürokratischen Mehraufwand – sowohl für den Staat, der entscheiden müsse, welche Firmen Anspruch auf ausländische Arbeitskräfte hätten, als auch für die Firmen selbst.