25. November 2019, frühmorgens um sechs. Es riecht nach Glühwein und Kuchen und die Augen sehen Zwiebeln, überall. Über 50 Tonnen davon werden an diesem Morgen mitten in der Stadt Bern präsentiert: Rote, gelbe, mit Blumen geschmückte, als Figuren verkleidete. Die Gassen füllen sich, die Leute kommen um zu «schnöigge». Der Zibelemärit, jeweils am vierten Montag im November, zieht die Massen an.
16. November 2020, morgens um acht. Auf zwei Plätzen, dem Waisenhausplatz und dem Bärenplatz, stehen je eine Handvoll Marktstände, an denen den ganzen Tag Zwiebeln verkauft werden. Das gleiche Spiel wird sich in zwei Tagen wiederholen. «Es ist ein wenig leer», kommentiert eine Fussgängerin. Eine andere sagt: «Himmeltraurig, ein anderes Wort finde ich dafür nicht.»
Statt einen «Zibelemärit» an einem Tag, findet in der Stadt Bern wegen dem Coronavirus dieses Jahr eine «Zibelewuche» statt.
Die Stadt widmet sich der Zwiebel
Während der – von der Stadtregierung ausgerufenen – «Zibelewuche» dürfen nun abwechslungsweise Marktfahrerinnen und -fahrer ihre Stände aufbauen. Montag, Mittwoch, Donnerstag und Freitag gibt es in der Stadt je maximal 16 Stände, als Ersatz für den abgesagten Markt Ende November. Dienstags und samstags findet der reguläre Berner Wochenmarkt statt.
Der Gedanke hinter dem Aufwand: Die Anbieterinnen und Anbieter der Zwiebeln haben auch dieses Jahr viel Ware und auch im Jahr 2020 sollen sie diese Zwiebeln loswerden können. Die halbe Stadt macht mit: Bäckereien backen Zwiebelkuchen, Restaurants tischen Menüs mit Zwiebeln auf.
Nützt's?
Bei einer Marktfahrerin sieht die Lage nicht sehr rosig aus. Es habe natürlich massiv weniger Leute als sonst. Aber es sei besser als gar nichts: «Ich bin froh, dass wir trotzdem Zwiebeln verkaufen können.»
Einer, der immer dabei ist, ist Bauer Hansueli Jampen. Dass die Stadt versucht, mit der «Zibelewuche» einen Ersatz zu finden für den Markt, sei zwar nett und nicht selbstverständlich, findet Landwirt Jampen. Er hätte es aber nicht gebraucht. Sein Sohn habe ihm eine Homepage programmiert, wo er seine Zwiebeln anbieten konnte. Eine ganze Tonne habe er verkauft – im Jahr 2020 konnte er so viele Zwiebeln verkaufen wie noch nie zuvor.
Und auch die meisten anderen Marktfahrerinnen und -fahrer, die am Montag in Bern waren, klagten nicht über ein besonders schlechtes Jahr: Die meisten Zwiebeln seien bereits vor dem vierten Novembermontag verkauft worden.