Darum geht es: Die Pharmaindustrie testet kaum Medikamente für Kinder, weil es zu wenig lukrativ ist. Kinderärztinnen und -ärzte helfen sich in der Schweiz deshalb selber: Seit einem Jahr gibt es den Verein «SwissPedDose». Er betreut eine nationale Datenbank, die Empfehlungen sammelt, welches Medikament für welches Alter in welcher Dosis verabreicht werden kann. Jetzt zieht der Präsident des Vereins, Professor Christoph Berger vom Kinderspital Zürich, ein positives Fazit.
Kinder reagieren anders auf Medikamente: «Kinder sind nicht einfach kleine Erwachsene», sagt Berger. Deshalb könne man für die Dosierung eines Medikaments nicht einfach das Gewicht des Kindes als Massstab nehmen – man müsse auch die Entwicklung des kindlichen Körpers berücksichtigen. Bis vor Kurzem konnten sich die Kinderärzte wegen fehlender Studien bloss auf gesammelte Literatur und die Erfahrung stützen. Mit der Datenbank «SwissPedDose» könne jetzt Expertenwissen gezielt gesammelt und ausgewertet werden, so Berger.
Viel mehr Informationen: Im Rahmen der Datenbank besprechen sich die Experten der acht grossen Kinderkliniken der Schweiz regelmässig und tauschen ihre Erfahrungen aus. Auf diese Weise stellen sie etwa fest, dass ein gewisses Medikament in Genf und Zürich für Kinder unterschiedlich dosiert wird – und suchen aufgrund der vorhandenen Grundlagen und Argumente eine gemeinsame Dosierungsempfehlung. Inzwischen liegen in der Datenbank rund 200 Dosierungsempfehlungen für 60 Wirkstoffe vor, auf welche die Schweizer Kinderärzte zurückgreifen können.
Pharma ist gefordert: Trotz der Datenbank «SwissPedDose» betont Professor Berger, wie wichtig es wäre, dass mehr Studien über die Verabreichung von Medikamenten an Kinder durchgeführt würden. Es herrsche Konsens, dass hier mehr getan werden müsse. Auch die Behörden haben das erkannt und verlangen von Pharmaunternehmen im Rahmen des Zulassungsprozesses von Medikamenten zunehmend auch Studien über die Kinderverträglichkeit.
Aufwendig und teuer: Grundsätzlich ist es schwierig, Medikamentenstudien für Kinder durchzuführen: «Es gibt Neugeborene, Säuglinge, kleine Kinder, ältere Kinder – für jede Altersgruppe braucht es Studien», sagt Berger. Es sei für die Pharmafirmen deshalb finanziell nicht interessant, solche durchzuführen. Deshalb gehe es nur langsam voran. Trotzdem geht Berger davon aus, dass die Zahl der Studien und Unterlagen künftig zunimmt. Eine weitere Quelle für Informationen ist die internationale Zusammenarbeit – denn das Problem mit der Medikamentendosierung für Kinder haben auch andere Länder.