- In der Beratung über die Volksinitiative «Mehr bezahlbare Wohnungen» tritt der Nationalrat auf den Gegenvorschlag des Bundesrats ein.
- Dieser beinhaltet einen Rahmenkredit von zusätzlichen 250 Millionen Franken für gemeinnützige Bauprojekte bis 2030.
- Das Geschäft geht nun zurück an die Kommission und wird am Freitag weiterbehandelt.
Der Mieterverband fordert mit der Volksinitiative «Mehr bezahlbare Wohnungen» , dass mindestens zehn Prozent der neu gebauten Wohnungen im Eigentum von gemeinnützigen Wohnbauträgern, zum Beispiel Genossenschaften, sein müssen. Erreicht werden soll dies mit Vorkaufsrechten für Kantone und Gemeinden.
Der Bundesrat schlägt als Gegenentwurf in einem Bundesbeschluss eine Förderung des gemeinnützigen Wohnungsbaus durch die Aufstockung des «Fonds de Roulement» vor.
«Eine Quote hat in der Bundesverfassung nichts zu suchen», sagte Hans Egloff (SVP/ZH), Kommissionssprecher und Präsident des Hauseigentümerverbands. Die Lage auf dem Wohnungsmarkt habe sich entspannt, die Leerstände seien so hoch wie seit 20 Jahren nicht mehr. Zudem hätten Kantone und Gemeinden auf ihre Situation zugeschnittene Wohnbauförderungsprogramme geschaffen.
«Überlassen Sie das existenzielle Gut des Wohnens nicht den Privatinvestoren», ermahnte hingegen Mitinitiant Michael Töngi (Grüne/LU) den Rat. Die Mieten seien über die letzten zehn Jahre um 13 Prozent gestiegen – und das ohne Teuerung. «Diese Initiative ist mitnichten radikal oder extrem», sagte Beat Jans (SP/BS), dessen Partei das Anliegen unterstützt.
Balthasar Glättli (Grüne/ZH) machte darauf aufmerksam, dass ein Markt nur dann funktioniere, wenn auf Ersatzprodukte ausgewichen werden könne. «Wohnen müssen wir aber alle», so der Fraktionspräsident. Glättli richtete das Wort in seiner Rede auch an Bundesrat Johann Schneider-Ammann: «Ihr Einsatz für bezahlbares Wohnen war das letzte – auf Ihrer Prioritätenliste.»
Bürgerlicher Widerstand
Den bürgerlichen Parteien ging der staatliche Eingriff zu weit. Preisgünstige Wohnungen würden auch von Privaten angeboten. FDP und SVP lehnten die Volksinitiative ab. «Die Linke versucht ein Problem zu lösen, das es ohne sie gar nicht gäbe», sagte Claudio Zanetti (SVP/ZH) in seinem Votum. Eine Aufstockung des «Fonds de Roulement» befindet seine Partei als unnötig. Sie spricht sich gar für eine Auflösung des Fonds aus. Die FDP ist in der Frage gespalten.
CVP, BDP und Grünliberale sehen im Bundesbeschluss hingegen eine Stärkung eines bewährten Mittels. «Wir dürfen auf bürgerlicher Seite nicht so tun, als ob es keine Probleme gäbe», sagte Martin Landolt (BDP/GL). «Der Wohnungsmarkt im urbanen Raum funktioniert nicht», so Thomas Weibel (GLP/ZH). «Es geht nicht um die Schaffung von sogenannten Sozialwohnungen, wie leichtsinnigerweise behauptet wird», sagte Kurt Fluri (FDP/SO). «Der Fonds trägt gerade dazu bei, dass Familien nicht sozialhilfeabhängig werden».
«Der Markt macht vieles richtig. Aber er richtet's nicht einfach alleine», votierte Wirtschaftsminister Schneider-Ammann. Er versicherte: «Es fliessen keine Gelder des Fonds an Standorte mit hohen Leerwohnungsbeständen.»
Mit 104 zu 78 Stimmen tritt die grosse Kammer auf den Gegenentwurf des Bundesrats ein. Damit geht das Geschäft zurück an die Kommission für die Detailberatung. Sie hat aber nicht viel Zeit, denn die Volksinitiative muss noch an dieser Session fertig beraten werden. Dies geschieht am Freitag.