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Mehr Geld für die Armee Schweizer Sicherheitspolitik: Das Undenkbare ist denkbar geworden

Mehr Geld für Armee, neuer Kampfjet und Zwist um Rüstungsexporte. Ein Blick auf die Schweizer Sicherheitspolitik 2022.

Mit dem Angriff Russlands auf die Ukraine am 24. Februar 2022 ist in Europa das Undenkbare eingetroffen. Unter dem Eindruck des Krieges wurden auch in der Schweizer Sicherheitspolitik undenkbare Entscheide und Diskussionen wieder möglich – begonnen mit mehr Geld für die Armee.

Die Aufstockung des Armeebudgets ist eines von drei Themen, welche verschiedene Mitglieder der Sicherheitspolitischen Kommissionen (SIK) übereinstimmend als wichtig erachten. Gefolgt von der Unterschrift unter den Kaufvertrag für den amerikanischen Tarnkappen-Bomber F35 und den Hürden für die Weitergabe von Schweizer Rüstungsexporten.

Bürgerliche sehen sich bestätigt

Werner Salzmann, Berner Ständerat und Präsident der SIK, hat zusammen mit seiner Partei SVP bereits früh dazu aufgerufen, dass die Armee gestärkt werden müsse. Das gelang gegen die Einwände von Links, dass sich Frieden und Sicherheit nicht mit mehr Aufrüstung erreichen liesse. Bis ins Jahr 2030 sollen die Mittel für die Armee schrittweise erhöht werden, bis zu einem Prozent des BIP.

Darum war es sehr wichtig, diesen Schritt zu machen und der Armee zu signalisieren, dass sie planen kann und die Verteidigungsfähigkeit wieder herstellen muss.
Autor: Werner Salzmann Ständerat SVP, SIK-Präsident

Im Rückblick sagt Salzmann: «Wir hatten sehr viele Sparmassnahmen in der Armee. Darum war es sehr wichtig, diesen Schritt zu machen und der Armee zu signalisieren, dass sie planen kann und die Verteidigungsfähigkeit wieder herstellen muss.»

Werner Salzmann
Legende: Werner Salzmann von der SVP ist als Präsident der Sicherheitspolitischen Kommission des Ständerats von den Armee-Entscheiden überzeugt. SRF/Christine Wanner

So ordnet Werner Salzmann die wichtigsten Themen:

1. Armeebudget erhöht
2. F-35-Kaufvertrag unterzeichnet
3. Neutralität gewahrt – oder geritzt?
4. Rüstungsexporte: Weitergabe oder Verweigerung
5. Neues Cybersecurity-Zentrum im VBS

Linke unterliegen im Seilziehen um F-35

Zur Verteidigungsfähigkeit trägt aus Sicht der bürgerlichen Parteien auch der Kauf von neuen Kampfjets bei, Typ F-35. Nach Verstimmungen und einem politischen Seilziehen unterzeichnete die Schweiz den 6-Milliarden-Kaufvertrag für 36 Jets.

Die linken Parteien zogen ihre Initiative gegen diesen Flugzeugtyp zurück. Zurück bleibe ein Frust, sagt Marionna Schlatter von der Grünen Partei. Sie ist in der SIK des Nationalrates.

Marionna Schlatter
Legende: Die grüne Nationalrätin Marionna Schlatter erlebte das Parlament bei den Armee-Entscheiden im «Panik-Modus». SRF/Christine Wanner

So ordnet Marionna Schlatter die wichtigsten Themen:

1. Armeebudget erhöht
2. F-35-Kaufvertrag unterzeichnet
3. Neutralität gewahrt – oder geritzt?
4. Rüstungsexporte: Weitergabe oder Verweigerung
5. UNO-Sicherheitsrat 2023

Besorgter Ausblick auf 2023

Verschiedene der 2022 aufgebrachten Themen werden die Schweizer Politik auch im neuen Jahr beschäftigen. Angesichts der angespannten geopolitischen Lage blicken die SIK-Mitglieder sorgenvoll auf das neue Jahr.

Die Rolle der Schweiz als Rüstungslieferantin beschäftigt das Parlament weiter. Zur Erinnerung: Der deutsche Staat machte Druck, weil er Schweizer Munition an die Ukraine weitergeben wollte. Die Schweiz lehnte das ab und verwies auf die Nicht-Wiederausfuhr-Erklärung, die Deutschland beim Kauf unterzeichnet hatte.

Aus Sicht der Linken war das richtig. Doch die Kommissionen werden bereits Anfang Jahr auf diese Frage zurückkommen, wie SIK-Präsident  Werner Salzmann weiss. Maja Riniker, Sicherheitspolitikerin der FDP in Nationalrat, sagt: «Wir müssen nun dringend darüber debattieren, wie wir die Wiederausfuhr-Verbote aufheben können.»

Maja Riniker
Legende: FDP-Nationalrätin Maja Riniker will neue Regeln beim Wiederausfuhrverbot von Schweizer Rüstungsexporten. SRF/Christine Wanner

So ordnet Maja Riniker die wichtigsten Themen:

1. F-35-Kaufvertrag unterzeichnet
2. Armeebudget erhöht
3. Kein Wechsel an der VBS-Spitze
4. Rüstungsexporte: Weitergeben oder Verweigerung
5. Neues Cybersecurity-Zentrum im VBS

Neutral und doch aktiv in der Aussenpolitik?

Per Anfang Jahr nimmt die Schweiz für zwei Jahre Einsitz im UNO-Sicherheitsrat. Für die SVP steht das im Widerspruch mit der Neutralität der Schweiz.

Wir haben eine andere Glaubwürdigkeit als Länder, die nicht neutral sind.
Autor: Andrea Gmür Ständerätin, Die Mitte, SIK-Vizepräsidentin

Für die Linke und auch für die Mitte jedoch nicht. «Wir haben eine andere Glaubwürdigkeit als Länder, die nicht neutral sind», erklärt etwa Ständerätin Andrea Gmür.

Neben der Diskussion um die Neutralität der Schweiz wird die Sicherheit vor Cyber-Angriffen weiter beschäftigen. Für die SIK bleibt auch die Dienstpflicht ein Thema und die Frage, ob und wie Armee, Zivildienst und Zivilschutz zusammenarbeiten können. Während sich Bürgerliche das Zusammenführen von Zivildienst und Zivilschutz vorstellen, lehnt das die Linke ab.

Andrea Gmür
Legende: Für die Mitte-Ständerätin und SIK-Vize-Präsidentin Andrea Gmür war der Rückzug der linken Initiative zum Kampfjet-Typ konsequent. SRF/Christine Wanner

So ordnet Andrea Gmür die wichtigsten Themen:

1. Rüstungsexporte: Weitergabe oder Verweigerung
2. F-35-Kaufvertrag unterzeichnet
3. Armeebudget erhöht
4. UNO-Sicherheitsrat 2023
5. Kein Wechsel an der VBS-Spitze

HeuteMorgen, 30.12.2022, 06:00 Uhr

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