Billett in den orangen Apparat stecken, entwerten und losfahren: Damit ist per Ende 2025 Schluss. Die Mehrfahrtenkarte zum Abstempeln für Zug, Bus und Tram soll es künftig nur noch digital geben.
Der Konsumentenschutz kritisiert diesen Schritt. Denn besonders bei Kindern oder älteren Leuten seien diese Billetts beliebt gewesen. «Es ist nicht richtig, dass man davon ausgeht, dass man schon Kindern im frühen Alter ein Handy mitgeben muss, um ein Ticket zu lösen. Zudem gibt es auch Menschen, die das Billett nicht digital kaufen können oder wollen. Das muss man respektieren.»
Eine mögliche Lösung für den Fahrkarten-Ersatz gibt es laut Helmut Eichhorn, Geschäftsführer von Alliance Swisspass bereits: Den Swisspass. Dieser kann als Wertkarte fungieren und sei auch bereits in der Westschweiz in Gebrauch. «Aber es ist richtig, wir haben noch nicht für alle Kundengruppen eine definitive Lösung formuliert.»
Es braucht eine Lösung, die für alle möglich ist.
Der öffentliche Verkehr sei Teil des Service Public, hält Konsumentenschützerin Stalder dagegen. Man müsse schauen, dass wirklich die ganze Bevölkerung diesen Service auch nutzen kann: «Es braucht eine Lösung, die für alle möglich ist. Wer etwa von Armut betroffen ist, für den ist es schwierig, eine Kreditkarte zu bekommen, die man digital hinterlegen muss», führt sie ein weiteres Beispiel an.
Es fehlt eine Grundsatzdiskussion über den Service Public
Der gleichen Meinung ist auch Stephan Sigrist, Digitalisierungsexperte vom ThinkTank Wire. Er vermutet, dass sich immer mehr Unternehmen an den grossen Technologieunternehmen in den USA orientieren.
Als Beispiel führt er Apple an, das zuerst die CD/DVD-Laufwerke bei den Laptops und später auch die Kopfhörer-Buchse beim iPhone entfernte. «Private Unternehmen können solche Änderungen einführen. Passt es den Konsumenten nicht, können sie auf andere Unternehmen ausweichen. Anders sieht dies beim Service Public aus», sagt Sigrist.
Duale Systeme wird es weiterhin brauchen.
Dass die Mehrfahrtenkarte bald der Vergangenheit angehört, dem steht Sigrist grundsätzlich neutral gegenüber, denn: «Es gibt ja noch Alternativen, man kann ein normales analoges Billett kaufen.» Und das sollte auch so bleiben, ist Sigrist überzeugt: «Duale Systeme wird es weiterhin brauchen. Man kann Leute nicht dazu zwingen, digitale Inhalte zu nutzen.»
Doch Eichhorn beruhigt: Man werde diesen Sommer die Situation überprüfen. «Wenn wir den Eindruck haben, dass wir noch nicht reif sind für den Wechsel, müssen wir darüber reden, den Zeitpunkt anzupassen.» Aber: Viele Entwertungsmaschinen sind in die Jahre gekommen. «Da stellt sich unweigerlich die Frage: Erneuern wir diese Maschinen oder nicht? Fahren wir mit diesem System weiter oder können wir alternative Angebote schaffen?» An diesen arbeite man seit 2020.
Eine Diskussion darüber, welche Leistungen man für Bahn, Bus und Tram anbieten möchte, die fehlt Digitalisierungsexperte Sigrist. «Meine Unterstellung ist, dass dies zu wenig gemacht wird. Man muss die Leute mitnehmen, mit ihnen in den Dialog treten.» Unternehmen haben die Chance, Vertrauen aufzubauen, wenn sie das Gespräch suchen, anstatt die Menschen vor vollendete Tatsachen zu stellen.